“One day, baby, we’ll be old, oh baby, we’ll be old…” klingt es am Dienstag Abend, den 23. Februar 2016, durch den Saal im E-Werk.

 

Die Bühne ist blau beleuchtet und mit selbstgebastelten Sternen und Planeten geschmückt. An der Seite steht eine Tafel, auf die zwei Strichmännchen gemalt wurden. Das Publikum klatscht im Takt mit. Und dann kommt Julia Engelmann auf die Bühne. Ohne lang drum herum zu reden, beginnt sie gleich mit dem ersten Text.

Foto: Sabrina Ahmed
Foto: Sabrina Ahmed

Bunt, spontan, witzig. Diese Adjektive beschreiben den Abend wahrscheinlich am besten. Immer wieder fliegt eine Ladung Konfetti in das Publikum, begleitet von einem lauten “Wuuhh”, das schnell wie ein Insider zwischen Julia und der Menge wirkt. “Zack, ne Party geworden!” ruft Julia und wirft noch mehr Konfetti. Und auch das Programm ist eine bunte Mischung. Von versuchtem Gangsta-Rap mit Beinahe-Break Dance über emotionale Gedichte bis hin zum Aufruf für die Hanschuhe-mit-Schnürren-Revolution.

Für Abwechslung sorgt die gebürtige Bremerin durch ihre Gitarre. Mit klarer Stimme singt sie den selbstgeschriebenen Song Taxistand, der laut eigener Aussage spontan bei einer Flasche Wein entstanden war. Dabei kreiert Julia ihr eigenes kleines Festival und bewegt das Publikum mit ihrer lebensfrohen und selbstironischen Art zum Mitklaschten und Mitsingen. Etwas ruhiger geht es bei Lieder wie Viva la vida von Coldplay zu, bei dem sich auch das letzte Pärchen aneinander kuschelt.

Julias Texte bringen einen zum Schmunzeln. Oft fühlt man sich selber ertappt und erkennt sich wieder. Mich persönlich hat vor allem der Text für ihre Eltern berührt. “Ihr seid mein Ursprung, meine Insel, mein Vertrauen, mein Schatz. Mein Mund formt euer Lächeln, mein Herz schlägt euren Takt.” Mit diesen Worten dankt Julia ihren Eltern für alles. Doch damit die Stimmung nicht zu ernst wird, weist die 23-Jährige mit dem Einstieg des Textes daraufhin, dass sie ihr Zimmer genau dann aufräumt, wenn ihr “bock- und impulsmäßig danach ist”.

An diesem Abend kommt wirklich jeder auf seine Kosten, egal ob alt oder jung. Julia begeistert mit kleinen Geschichten aus ihrem Leben. Bei einer Fragerunde hat jeder die Chance, sie zu löchern und herauszufinden, was ihn schon immer interessiert hat. Und auch für gemeinsame Selfies ist nach der Show noch Zeit.

Mit One day/reckoning Text wurde Julia 2014 über Nacht berühmt. Das Video des Bielefelder-Hörsaal-Slams wurde Millionen Mal geliked und geteilt. Nachdem sie eine Eigeninterpretation des Liedes von Asaf Avidan zum Besten gab, rundete sie mit genau diesem Text den Abend zum Schluss noch ab.

Julia ist auf dem Boden geblieben. Auch wenn sie zwei Jahre bei Alles was zählt mitgespielt hat, hat man nicht das Gefühl, dass sie sich für eine Berühmtheit hält. Sie sucht die Nähe zu ihren Fans, ist spontan und lacht auch gerne mal über sich selbst. Und genau das macht sie so sympathisch. Es lässt sich nur hoffen, dass sie dem Wunsch einer Zuschauerin nachkommt und uns öfter mal in Bayern besuchen kommt.

 

von Sabrina Ahmed