Als Studentin einer Geisteswissenschaft bin ich noch immer überzeugt, dass es ihn gibt: Den perfekten Ort, um Hausarbeiten zu schreiben. Nachdem ich nun unterschiedliche Plätze auf Herz und Nieren geprüft habe: Hier eine kleine Übersicht, die euch vielleicht hilft für die nächste Haus-, Bachelor- oder Schwerstarbeit.

 

Spot No. 1: Der heimische Schreibtisch.

Gott, wie offensichtlich. Aber eben doch nicht ganz so profan. Der Vorteil: hier gibt es Musik, die ich selbst aussuche, Stifte, leere Blätter, Wlan und, wenn ich den beschwerlichen Weg in die Küche auf mich nehme, auch noch hausgemachten Kaffee. Zwar nicht Starbucks-Niveau, aber wenigstens kostenlos.

Der Nachteil: Wenn ich mal wieder eine kleine Schreibblockade habe (in der Regel passiert das, bevor ich überhaupt angefangen habe), zieht mich das vielgepriesene Internetz in eine thematische Richtung, die mehr mit Katzenvideos zu tun hat, als mit dem Thema meiner aktuellen Hausarbeit. Selbstverständlich habe ich dann noch ein ganzes Zimmer voller Ablenkungsmöglichkeiten und, in meinem Fall, auch noch Mitbewohner, mit denen in dringenden Fällen wie einer Hausarbeit schon mal stundenlange Gespräche über Gott und die Welt entstehen können. Das passiert ohnehin.

Meine Strategie? Ein Zeitplan, der in etwa beinhaltet: zwei Stunden Hausarbeit (und Internet nur für Recherche!!), eine Stunde Pause. Oder eben auch andersrum, ganz nach Geschmack.

 

Spot No. 2: Der Beck

Hier kostet ein Cappuccino 2,50€. Wenn wir das auf, sagen wir, 14 Tage hochrechnen, sind wir bei 35€ pro Hausarbeit. Ein stolzer Preis. Wer allerdings Hausarbeiten wie ich schreibt (innerhalb von vier Tagen, Beginn kurz vor Abgabe und mit pausenlosem Adrenalinausstoß), dann rechnet sich das durchaus. Wlan gibt es keins im Beck, dafür jede Menge Steckdosen und viel Platz. Nachdem ich mich also so richtig ausgebreitet habe – mit Laptop, Kaffee und einem Stapel Bücher, kommt mir spontan der Gedanke, dass eine Fensterglasbrille jetzt bestimmt witzig wäre.

Ich bin ein Café-Schreiber, weil die beiden Aspekte, die ein Café für mich auszeichnen – nämlich zum einen Kaffee und zum anderen der konstante Lärmpegel – essentiell für das Gelingen meiner Arbeit sind. Im Beck kann ich in der Regel sogar Einfluss auf den mich erreichenden Lärmpegel nehmen, indem ich mich entweder in den Eingangsbereich setze, oder, was ich vorziehe, in den hinteren Bereich. Trotzdem ist natürlich vorprogrammiert, dass man Gesprächsfetzen vom Nachbarstisch mitbekommt und Dinge erfährt, die man eigentlich nie wissen wollte.

Foto: Hannah Schabert

Spot No. 3: Die Hauptbibliothek

Ich erreiche die Hauptbibliothek leider nicht um 8.00 Uhr wie geplant, sondern erst um kurz vor 9.00 Uhr. Das heißt jedoch, dass alle Fensterplätze mit Steckdosen im ersten Stock besetzt sind. Ich verfluche meinen inneren Schweinehund und gehe ein Zimmer weiter, in den CIP-Pool. Hier sind nur vier weitere Personen, die alle konzentriert auf ihre Bildschirme gucken und scheinbar pausenlos Dinge in ihre Tastatur einhacken. Das Geräusch der Tasten ist überproportional laut. Etwas in meinem Inneren sträubt sich. Mit so viel Arbeitswut hatte ich nicht gerechnet.

Zehn Minuten halte ich es aus, dann bewege ich mich wieder nach draußen. Ein Platz am Fenster ist jetzt frei geworden. Hier arbeitet es sich besser. Die allgemeine Produktivität ist deutlich geringer. Links neben mir sitzt ein Grüppchen Mediziner, die Kuchen mit unglaublich viel Glasur essen und sich dabei angeregt über den Uterus unterhalten. Ich empfinde eine Welle von Dankbarkeit für meine Kopfhörer. So lässt es sich ganz gut arbeiten.

 

Spot No. 4: Die Teilbibliothek

Nachdem ich stundenlang in einer Unibib geschrieben habe, ohne mich auch nur einmal an Fachliteratur zu bedienen, die über Internetquellen hinausgeht, bekomme ich ein Gefühl im Bauch, das ich als schlechtes Gewissen deute. Vielleicht ist es auch nur Hunger. Nach einem Sandwich (Kein Döner, weil Zwiebel!) begebe ich mich also auf die lange Reise nach Tennenlohe, wo sich die Geographische Teilbibliothek befindet.

Nach der halbstündigen Busfahrt bin ich wieder ziemlich aus dem Thema draußen und als ich mich an einem der Tische in der Bib niederlasse, setzt auch schon das Fresskoma ein. Erstmal facebook checken. Halt, es gibt Regeln. Also wandere ich durch die Regale und komme schließlich mit einem Stapel Bücher zurück, die ich vor allem nach dem Cover ausgesucht habe. Als ich die Bücher offenbar etwas zu laut auf dem Tisch abstelle, drehen sich drei Köpfe kurz zu mir und der Bibliothekar gibt ein aufdringliches „Scht!“ von sich. Ich habe verstanden.

Die Stille ist ohrenbetäubend. Nur leises, unaufdringliches Tastaturklappern und gelegentliches Seitenblättern dringt an meine Ohren, der Rest wird irgendwo zwischen Geräuschquelle und meinen Ohrmuscheln verschluckt. Ich ertappe mich dabei, wie ich die Luft anhalte, um niemanden zu stören. Zumindest bis mein Kommilitone seinen Apfel auspackt. Das Geräusch, das seine Zähne beim Abbeißen machen, wird wahrscheinlich gerade bis zu den Büros einen Stock weiter oben getragen. Der Bibliothekar wirft ihm einen missbilligenden Blick zu, sagt aber nichts. Erst als jemand anfängt, die halbe Bibliothek zu kopieren, kann ich mich wieder auf meine Arbeit konzentrieren.

 

Fazit:

Der Hausarbeitskoller scheint bei mir unausweichlich. Und kein Ort, den ich bisher gefunden habe, ist perfekt. Aber ich habe gemerkt, dass Pausen und Ortswechsel angebracht sind. Außerdem meine ich, mal irgendwo gelesen zu haben, dass Katzenvideos Druck abbauen. Am Ende des Tages sitze ich wieder am heimischen Schreibtisch. Sein Zustand macht effektives wissenschaftliches Arbeiten praktisch unmöglich und das ist auch völlig ok. Wenigstens habe ich jetzt ein paar Ideen für den Fall, dass mir bei der nächsten Arbeit die Decke auf den Kopf fällt.

 

Von Hannah Schabert