Ihr wisst noch nicht, wem ihr bei der Bundestagswahl 2017 eure Erststimme und welcher Partei eure Zweitstimme geben sollt? Wir haben verschiedene “Wahl-O-Mat”en für euch getestet und fassen die Vor- und Nachteile für euch zusammen.

 

Für die Zweitstimme

Gemeinsamkeiten: Bei allen drei Orientierungshilfen für die Wahl der Zweitstimme beantwortet man politische Fragen und bekommt ein Ergebnis, indem in Prozent angegeben wird, wie viel die eigene politische Meinung mit den Parteien gemeinsam hat.

 

Der Klassiker: der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb)

Der Wahl-O-Mat hat den Parteien 38 Fragen gestellt, zu denen sie Stellung nehmen sollten. Der Wähler beantwortet dieselben Fragen, seine Antworten werden mit denen der Parteien abgeglichen.

Vorteile:

Nach der Beantwortung der Fragen kann man gewichten, welche Fragen einem am wichtigsten sind. Dann werden die Themen, die dem Wähler persönlich besonders auf dem Herzen liegen, doppelt gewichtet. Auswählen kann man acht Parteien von allen bei der Bundestagswahl antretenden Parteien (eine hat die Fragen der bpb nicht beantwortet). Man kann also theoretisch 32 Parteien der eigenen Meinung gegenüber stellen, wenn man den Wahl-O-Mat mehrmals macht.

www.wahl-o-mat.de/bundestagswahl2017/

 

Wahl Navi von RTL / ntv und Vox Pop Labs

Das Wahl Navi ist laut eigener Aussage von Politik- und Datenwissenschaftlern entwickelt worden. Zusätzlich zum Beantworten der Fragen kann man angeben, wie gut oder schlecht man Parteien und Spitzenkandidaten findet (das fließt nicht in die Auswertung ein) und freiwillig einen anonymen, auch nicht in die Auswertung einfließenden Fragebogen für die Statistik der Wissenschaftler ausfüllen. Die Wissenschaftler haben selbst die Parteiprogramme untersucht und Antworten der Parteien zu ihren Fragen gegeben, diese dann aber auch noch mit den Parteien abgeglichen.

Vorteile:

Statt dem üblichen “ja”, “nein” oder Enthaltung kann man hier immer fünf verschiedene Antworten auf einer Skala anklicken oder alternativ auf “weiß nicht” klicken. Man bekommt ein Ergebnis gezeigt und kann danach noch gewichten, welche Themen man am wichtigsten findet, dann bekommt man eine weitere Auswertung. Zusätzlich zu der üblichen Zuordnung der Parteien zur eigenen Meinung in Prozent bekommt man noch ein Koordinatensystem, indem das “ich” zwischen dem Standpunkt der Parteien eingezeichnet wird: Eine Skala geht von “links” bis “rechts”, die andere von “gesellschaftlich progressiv” bis “gesellschaftlich konservativ”. Das Ergebnis kann man direkt drucken oder verschicken.

www.wahlnavi.de

 

DeinWal.de

Vorteile:

Dein Wal hat nicht die Parteien gefragt, was sie auf bestimmte Fragen antworten möchten, oder ihr Parteiprogramm angeguckt, sondern stellt ausgewählte Fragen, die echte Abstimmungen im Bundestag in der laufenden Wahlperiode waren. Betont wird, dass dadurch darauf geachtet werde, wofür die Parteien wirklich stimmen und nicht, was die Parteien vor der Bundestagswahl ankündigen, tun zu wollen.

Nachteile:

Da im Moment nur vier Fraktionen im Bundestag vertreten sind, wird die eigene Meinung auch nur mit Union, SPD, Grünen und Linken verglichen.

www.deinwal.de

 

Eigene Erfahrung bei Wahl-O-Mat, Wahl Navi und DeinWal

Ich hatte bei allen drei Wähler-Orientierungshilfen ähnliche Ergebnisse: Die gleiche Partei als “bestes” Ergebnis mit 72% (DeinWal) bis 87% (Wahl-O-Mat), gefolgt von immer derselben zweiten Partei. Ich fand es interessant, zu sehen, dass meine “beste” Partei im Realitätstest des an den echten Bundestagsabstimmungen orientierten DeinWal schlechter (aber immer noch am “besten”) abschnitt. Beim Wahl-O-Mat war mir die Gelegenheit, auch “Kleinparteien” testen zu können, sehr wichtig. Und beim Wahl Navi war es interessant zu sehen, dass die oberen Parteien nach der Themengewichtung noch einmal leicht anstiegen und die unteren Parteien um mehrere Prozentpunkte fielen.

 

Ergänzung vom 22. September: WahlSwiper

Der Name “WahlSwiper” rührt anscheinend daher, dass man bei der Nutzung am Handy die Aussagen im Tinder-Style nach rechts und links wischen kann.

Vorteile:

Die meisten Parteien haben mitgemacht und man kann alle gleichzeitig für die Auswertung auswählen, und nicht eine begrenzte Anzahl wie beim Wahl-O-Maten.

Nachteile:

Man kann nicht gewichten, welche Themen man wichtig findet.

www.wahlswiper.de

 

Ergänzung vom 22. September: ParteieNavi

Das ParteieNavi wurde von Wissenschaftlern der Uni Konstanz und anderer Institute entwickelt. Es wird zusätzlich zur Meinung zu konkreten Fragen auch die eigene Einschätzung und die Einschätzung der Parteien in vielen Punkten abgefragt. Auch allgemeine Daten (Geschlecht, Alter, Abschluss etc.) kann man für die Statistik freiwillig angeben.

Vorteile:

Es gibt als Ergebnis zahlreiche Grafiken, bei denen man oft eine konkrete Partei durch Auswählen mit der eigenen Haltung vergleichen kann.

Nachteile:

Es gibt keine Gewichtungsmöglichkeit zu den einzelnen Themen. Die Webseite wirkt vom Layout her veraltet und wird an meinem Laptop nicht immer optimal dargestellt (ich muss öfter hochscrollen, um die Erklärung oben zu sehen).

www.parteienavi.de

 

Für die Erststimme

Der Kandidatencheck von Abgeordnetenwatch

Der Kandidatencheck hat die Direktkandidaten in den Wahlkreisen Fragen zu politischen Themen beantworten lassen. Um den richtigen Wahlkreis zu finden, gibt man einfach seine Postleitzahl ein.

Vorteile:

Auf diese Weise sieht man mal, wofür genau die Person, der man vielleicht seine Erststimme gibt, steht und wie er oder sie als Abgeordneter arbeiten möchte – das muss ja nicht immer mit dem Parteiprogramm übereinstimmen.

Nachteile:

Zur Auswahl gibt es nur die drei Antwortmöglichkeiten “Daumen hoch”, “Daumen runter” und ein “Ist-gleich”. Man kann nicht gewichten, welche Themen einem wichtig sind. Die Fragen sind etwas missverständlich oder unterschiedlich interpretierbar gestellt.

https://kandidatencheck.abgeordnetenwatch.de/

 

Eigene Erfahrung

Für meinen Wahlkreis Erlangen-Höchstadt haben die Kandidaten der CSU, SPD, Grüne, FDP, Linke, Freie Wähler, ÖdP, AfD und Piraten die Fragen beantwortet und stehen zum Vergleich. Das Ergebnis war interessanterweise nicht der Kandidat der Partei, die ich bei allen drei Tests für die Zweitstimme herausbekommen habe. Das Ergebnis war aber denkbar knapp und bei einem Blick auf die wenigen unterschiedlich beantworteten Fragen der drei obersten Kandidaten fiel für mich einer auch schnell raus. Zwischen den anderen beiden werde ich mich jetzt noch entscheiden müssen…

 

Ergänzung vom 16. September: wen-wählen.de

Inzwischen haben auch hier einige Kandidaten in meinem Wahlkreis (Erlangen & Erlangen-Höchstadt) die Fragen beantwortet, allerdings noch nicht alle: Bisher sind es SPD, Grüne, FDP, ÖDP und die Piraten. Es gibt eine Lang- und eine Kurzversion. Da ich gewarnt wurde, die lange Version wäre besonders ausführlich und zeitraubend, habe ich die kurze Version gemacht, bei der man 20 Themen in eine Rangliste ordnet, wie wichtig sie für einen sind. Danach ordnet man 20 Aufgaben, die der Bundestag der eigenen Meinung nach als nächstes anpacken sollte.

Diese beiden Ranglisten werden mit den Antworten der Direktkandidaten verglichen, außerdem kriegt man zusätzlich Parteien in einem Diagramm angezeigt – deren Antworten sollen Durschschnittswerte der teilnehmenden Direktkandidaten sein. Die unteren beiden der 5 Kandidaten haben mich überrascht: Eine, deren Partei ich eigentlich eher gern mag, war ganz unten und als einzige rot markiert. Darüber war eine Kandidatin, deren Partei ich so gar nicht mag, mit der ich jedenfalls einen kleinen grünen Balken gemeinsam hatte.

Laut eigener Aussage von wen-waehlen.de können Ergebnisse aber auch stark abweichend sein, wenn zum Beispiel nicht alle 20 Werte durch den Kandidaten in die Rangliste einsortiert wurden.

https://www.wen-waehlen.de/#vergleich

 

Von Carla Ober