Sehnsüchte, Verlockungen und Geheimnisse – die „Traumnovelle“ von Arthur Schnitzler aus dem Jahr 1926 behandelt diverse Themen nach freudscher Art in einem Wechselspiel zwischen Traum und Realität. Ende November wird das Stück von Francisca Ribeiro im Experimentiertheater an der FAU inszeniert. Bei Tee und Kuchen habe ich sie in ihrem Wohnzimmer getroffen, um mehr über ihr Theaterprojekt zu erfahren.

 

V: Erzähl uns erstmal ein bisschen was über Dich. Wer bist du und was machst du?

Ich heiße Franci, bin 23 Jahre alt und studiere im fünften Semester Theater- und Medienwissenschaft und Philosophie. Seit meinem siebten Lebensjahr spiele ich Theater. Als ich nach Nürnberg gezogen bin, habe ich nach einer kurzen Pause bei der Studiobühne angefangen, zwei Regieassistenzen gemacht und bei diversen Stücken mitgespielt. Die „Traumnovelle“ ist nun das erste Stück, bei dem ich Regie führe, zusammen mit Peter, der mit mir studiert.

 

V: Wie kamst du auf die Idee, die „Traumnovelle“ von Arthur Schnitzler zu inszenieren?

Ich war im Internet auf der Suche nach neuen und interessanten Stücken. Darunter war auch die „Traumnovelle“, die mir bekannt vorkam, weil ich mal einen ganzen Stapel Reclam- und Hamburger Lesehefte bestellt hatte. Und ich hatte sie tatsächlich schon zuhause und habe sie dann gelesen. Das Stück hat mich nicht mehr losgelassen. Es war ganz merkwürdig, weil es mich wirklich sehr lange beschäftigt hat und ich dachte: „Du musst das auf die Bühne bringen!“

 

V: Kannst Du kurz zusammenfassen, worum es in der „Traumnovelle“ geht?

In dem Stück geht es um Fridolin, einen erfolgreichen Arzt, der mit seiner Frau Alva eine glückliche Ehe führt und eine sechsjährige Tochter hat. An einem Abend kommen er und seine Frau Alva von einem Festnachtsball zurück und sie sagt zu ihm, dass sie beide heute Abend eine einmalige Chance verpasst haben. Fridolin versteht das nicht so recht und bei weiteren Nachfragen meint Alva, dass es „wie in Dänemark“ gewesen sei. Beide hatten dort besondere Begegnungen, die ihre Leben verändert haben. Fridolin wird daraufhin zu einem Notfall gerufen und ab da verschwimmt für ihn Traum und Realität. Er fühlt sich plötzlich zu Frauen hingezogen, was er sich nicht erklären kann, und tut Dinge, die er eigentlich niemals machen würde. Die Lage spitzt sich daraufhin zu. Mehr möchte ich erstmal nicht verraten.

 

V: Was begeistert Dich an der „Traumnovelle“?

Mich fasziniert die Verschiebung von Traum und Realität. Auch, dass es um Sehnsüchte geht, die sich in einer Beziehung nicht unbedingt immer offenbaren, weil man sich selbst nicht traut. Man denkt, dass das persönlich und nicht so wichtig sei. Oder auch, dass der Partner einen falsch verstehen könne und offenbart deshalb nicht unbedingt seine Sehnsüchte. In der heutigen Gesellschaft sagt man, dass alles so offen sei, man machen könne was man wolle und, extrem gesagt, jede Neigung legitim sei. Aber eigentlich ist es das nicht. Einerseits sagt man, dass das in Ordnung sei, aber auf der anderen Seite stimmt das nicht. Genau wie beispielsweise bei „Fifty Shades of Grey“, worauf alle ja so abgehen. Einfach nur, weil jemand sich traut, ein tabuisiertes Thema anzusprechen.

 

V: Wie gestalteten sich die Anfänge eures Projekts?

Die Idee hatte ich letzten Dezember, hatte die Planung dann aber erstmal wieder beiseitegelegt. Doch der Text hat mich nicht losgelassen, also begann ich zu schreiben, den Text bühnentauglich zu machen, d.h. Randfiguren zu streichen oder auch welche hinzuzufügen. Mir war wichtig, dass der Text nicht zu modern wird, sondern zeitlos. Nachdem mir das OK vom Institut für Theater- und Medienwissenschaft gegeben wurde, fand im Juni 2017 das Casting statt. Schon im Juli haben wir dann gemeinsam mit unseren 11 Schauspielern die Proben gestartet.

 

V: Wodurch wurde eure Inszenierung inspiriert?

Wenn man sich mit dem Stück näher auseinandersetzt, hat man schon viele verschiedene Ideen. An sich spielen da für mich vor allem die eigenen Erfahrungswerte rein, wie gemeinsame Gespräche oder alltägliche Dinge, die man wahrnimmt.

 

V: Wie hast du deine Ideen visualisiert?

Es ist klassisch inszeniert: Guck-Kasten-Bühne mit besonderen Elementen, die es verfremden oder modernisieren. Bühnentechnisch ist es einerseits minimalistisch gehalten, aber auf der anderen Seite auch etwas fremd, surreal, pompös. Wir haben viel selbst gemacht, um unseren Vorstellungen so nahe wie möglich zu kommen.

 

V: Habt ihr Euren Fokus auf gewaltige Bilder oder eher auf den Text gesetzt?

Ich bin ein großer Fan von textlastigen Stücken und weniger von z. B. Performancekunst, was aber nicht heißt, dass ich keine ausdrucksstarken Bilder mag. Es werden jeweils Akzente gesetzt, trotzdem würde ich sagen, dass es sich in Balance hält.

 

V: Habt Ihr Euch auch an dem Film „Eyes wide shut“ von Stanley Kubrick orientiert, der ja auf der „Traumnovelle“ von Arthur Schnitzler basiert?

Nein, bis auf ein kleines Detail wurden wir nicht von Kubrick inspiriert.

 

V: Welchen Herausforderungen musstet ihr euch stellen?

Erstmal brauchten wir passende Schauspieler, dann einen Probenslot und da das nicht ausreichte, auch noch einen zweiten. Und manchmal gibt es Schwierigkeiten, seine konkreten Vorstellungen auf der Bühne zu realisieren, z.B. gibt es bestimmte Normen, die eingehalten werden müssen oder Dinge, die technisch einfach nicht möglich sind. Man denkt die ganze Zeit in Bildern, die aber vielleicht gar nicht so real sind. So war es auch bei uns, sodass wir unser Konzept bestimmt drei Mal umgeworfen haben.

 

V: Was ist deine Lieblingsstelle im Stück?

Es gibt zwei. Die Schauspieler lachen mich dafür aus und betonen das in der Probe immer, weil sie wissen, dass das meine Lieblingsstellen sind.

In der Barszene fragt Fridolin: „Nachtigall, was singst du da für ein Lied?“ Mir gefällt die Analogie.

In der Szene 10 sagt Fridolin: „Doppelexistenzen. Ein Mensch verschwindet plötzlich aus ganz geordneten Verhältnissen, verschollen, kehrt nach Monaten, oder sogar Jahren zurück und erinnert sich selbst nicht daran, wo er in der Zwischenzeit gewesen ist.“ Die Stelle finde ich wirklich schön, da ich den Gedanken interessant finde. Und die Zwiespältigkeit einer Person ist es auch, was mich daran so fasziniert. Durch unser Figurenarsenal haben wir versucht, genau das auch in unsere Inszenierung miteinzubringen.

 

V: Was hoffst Du, was die Zuschauer mitnehmen?

Das möchten wir eigentlich offen lassen. Ich möchte, dass die Zuschauer rein gehen, sich das anschauen und sich ihr eigenes Bild machen, da jeder seine eigenen Erfahrungen und Wahrnehmungen hat. Man hat die angesprochenen Grundthematiken, aber wie man das auslegt, ist ganz individuell. Das ist vielleicht auch das Interessante an dem Stück. Bei jedem Lesen habe ich mehr Parallelen gesehen und ich wusste nicht: „Ist es Realität oder ist es Traum?“

 

Das Interview führte Gesine Allmann.

 

Aufführungstermine am 30.11/01.12/02.12.2017, Beginn um 19:30 Uhr (Einlass: 19:15 Uhr), Tickets 4€ im Vorverkauf und 5€ an der Abendkasse.

Vorverkauf vor dem Experimentiertheater, Bismarckstraße 1, Erlangen:
Donnerstag, 16.11.2017: 12-13 Uhr und 18-20 Uhr

Dienstag, 21.11.2017: 16-18 Uhr
Mittwoch, 22.11.2017: 13:30-14 Uhr und 16-17 Uhr
Donnerstag, 23.11.2017: 12-14 Uhr

 

Vorverkauf im Kollegienhaus, Universitätsstraße 15:

Dienstag, 21.11.2017: 13-14 Uhr

 

Mehr aktuelle Informationen findet ihr auf der Facebookseite.

Den Trailer findet ihr hier.

 

Außerdem gibt es die Möglichkeit unter traumnovelle@web.de Karten zu reservieren.

“Die Traumnovelle”, frei nach Arthur Schnitzler, ist eine studentische Theaterproduktion unter der Regie von Francisca Ribeiro und der Regieassistenz von Peter Schröder.

Mit:
Maximilian Becker (Fridolin Sassner)
Ann-Cathrin Buchelt (Alva Sassner)
Sebastian Gries (Inneres Ich)
Emina Čivić (Marianne Kreibel)
Ann-Katrin Krauss (Mizzi)
Anna Kienreich (Freudenmädl)
Vanessa Rolke (Mädl)
Lukas Reinsch (Nachtigall)
Anna Damer (Susi)
Maximilian Teschemacher (Oberdiener)
Rebecca Zechiel (Dr. Adler)