Liebe Neon,

wir haben uns auseinander gelebt. Anders kann ich mir nicht erklären, dass ich nicht selbst von deinem Ende erfahren habe, sondern durch die Nachricht einer Freundin.

 

Sie und mich verband stets die Begeisterung für dich, eine Zeitschrift, wie ich sie – bis damals in der 10. Klasse zumindest – nicht kannte. Dein Layout war bunt, hip und ganz anders wie das der anderen Printmedien, die mich bisher durch mein Leben begleitet haben. Du warst etwas Besonderes. Nie werde ich die Deutschstunden vergessen, in denen die gesamte Klasse samt Lehrer versuchte deine Bilderrätsel zu lösen. Nie werde ich meine Nervosität vergessen, als ich auf eine deiner ehrlichen Kontaktanzeigen antwortete. Nie werde ich die Enttäuschung vergessen, als ich keine Antwort erhielt. Und ebenfalls nie werde ich dieses Gefühl vergessen, das Artikel über Studieren, Partys, Sex und Drogen in mir auslösten. Als Schüler fehlte mir nicht nur die Reife für solche Themen, ich war von ihnen auch meilenweit entfernt. Das ließ meine Neugierde steigen und den Schweiß an meinen Händen fließen.

„Eigentlich sollten wir erwachsen werden“ war dein Untertitel lange, bevor ich anfing, dich zu lesen. Zwischen den Zeilen war er für mich immer deutlich zu erkennen und besänftigte mich jeden Monat erneut. Ich konnte mich identifizieren mit den jungen Menschen, die sich verloren fühlten in einer Welt mit zu vielen Möglichkeiten, auf der Suche nach dem richtigen Studium, dem Traumjob, der besseren Hälfte und Abenteuern.

Mittlerweile bin ich jedoch fündig geworden. Ich habe einen Partner an meiner Seite, bin im 6. Semester meines Studiums und könnte mit dem Erzählen meiner Abenteuer ein Abendprogramm füllen. Ich fühle mich zwar noch immer verloren, doch du, liebe Neon, bist dafür leider kein Gegenmittel mehr. Wir haben uns auseinander gelebt. Ich bin dem, was man als „erwachsen“ bezeichnen könnte, einige Schritte näher gekommen, sogar so nah, dass ich mich als alteingesessener Leser nie an dein neues Layout gewöhnen konnte. Deine Artikel verloren ihren Zauber, ich kündigte mein Abo und selbst im Zeitschriftenladen griff ich nur noch selten nach dir.
Von meinem treuen Begleiter wurdest du zu einem Magazin, das ich in der Bibliothek kurz durchblättere, um schwelgend in Nostalgie an all die Gefühle zu denken, die du einst in mir ausgelöst hast. Du stehst für einen wunderschönen Abschnitt in meinem Leben, mit pubertären Höhen und Tiefen und vielen aufregenden (Neu-)Anfängen.

Für diese Zeit, liebe Neon, möchte ich dir danken. Ich bin froh ein Teil der Neon-Generation gewesen zu sein und werde unendlich traurig, wenn ich an das Ende* dieser Ära denke. Wahrscheinlich sind wir mittlerweile beide erwachsen, nur dass es für mich ein Anfang und kein Ende ist.

 

Leb’ wohl liebe Neon
dein Christoph

 

Von Christoph Wusaly

 

*Eingestellt wird die Printversion, in digitaler (für den Autor jedoch nicht vergleichbarer) Form wird Neon weiterhin erscheinen.