Am 19. und 20. Juni sind Hochschulwahlen. Deshalb trafen sich am 13. Juni jeweils ein(e) Vertreter(in) der antretenden Listen im kleinen Hörsaal zu einer recht aufschlussreichen Podiumsdiskussion.
Während sich im letzten Jahr eher wenig Zuschauer beteiligten, stieß die Veranstaltung dieses Mal auf etwas mehr Interesse, was zu einigen lebhaften und höchst interessanten Diskussionen führte, auch zwischen den Zuschauer*innen.

 

Julian Popp, Leiter des Technik-Ressorts bei funklust, moderierte souverän durch den Abend und konnte durch eine vielversprechende Themenauswahl ein intensives Gespräch zwischen den Hochschulgruppen-Vertretern in Gang bringen.
Zugegen waren Selim Kücükkaya (Grüne BuDE), Max Schmid (Juso-Hochschulgruppe), Dominik Luck (RCDS), Luisa Weyers (FSIen-Liste) und Daniel Bayer (Liberale Hochschulgruppe). Zentrale Themen waren die Umbenennung des Studentenwerks, das Semesterticket und die Wiedereinführung der verfassten Studierendenschaft.

Eifrige Diskussionen im Hörsaal. Foto: Joana Hammerer

Ich habe die zwei Stunden fleißig mitgetippt und daraus einen kurzen Abriss der Listen über die einzelnen Themen zusammengestellt.

 

Einigkeit zum Thema Lernräume

Relativ einig waren sich alle Listen, wenn es darum geht, dass die Uni mehr Lernräume zur Verfügung stellen sollte, beispielsweise ein Zutritt zu allen Unigebäuden rund um die Uhr durch die FAU-Card. Vor allem die FSIen-Liste zeigte sich darum bemüht. Allerdings solle erst ein Kosten-Nutzen-Verhältnis überprüft werden, aber grundsätzlich waren alle VertreterInnen dafür.

Anders ging es allerdings beim nächsten Thema zu: Die Zusammenarbeit des Studentenwerks mit internationalen Großkonzernen. Dazu zeigte vor allem die Juso-Hochschulgruppe eine klare Haltung – die Uni sollte sich nach lokalen Alternativen umsehen, da Konzerne wie Nestlé moralisch fragwürdig seien. Die Grüne BuDE betonte, dass sie vor allem die Snackautomaten kritisieren, da es dort keine wirkliche Alternative gibt. Aufgrund kürzerer Transportwege sind auch sie für mehr lokale Alternativen. Die FSIen-Liste fügte noch hinzu, dass die FAU Fair Trade Uni werden möchte und man zukünftig auf faire und regionale Produkte achten sollte – allerdings ohne Kooperationen direkt einzustellen. Den Gegenpol stellten die Liberale Hochschulgruppe, sowie die RCDS. Die Moral sei eine Privatmeinung und jeder könne selbst entscheiden, welche Firmen er unterstützt. Außerdem profitiere die FAU von diesen Kooperationen.

 

Wird das Studentenwerk zum Studierendenwerk?

Das wohl am emotionalsten diskutierte Thema des Abends war die Frage, ob man das Studentenwerk in Studierendenwerk umbenennen soll. Es entstand eine hitzige Diskussion – nicht nur rund um eine mögliche Umbenennung, sondern rund um die Genderdebatte allgemein. Da diese Auseinandersetzung ziemlich komplex wurde, fasse ich einfach mal den allgemeinen Standpunkt zum Thema Gendergerechtigkeit und genderneutraler Sprache der Listen zusammen. Eine Umbenennung ist übrigens nicht so schnell möglich, denn sie ist keine Sache der Hochschulpolitik, sondern im bayerischen Hochschulgesetz festgeschrieben. Es bräuchte eine Gesetzesänderung.

RCDS: Eine Umbenennung des Studentenwerks greift das Problem nicht an der Wurzel und wäre nur Symbolpolitik – mit geschlechterneutraler Sprache wäre das Problem nicht gelöst, außerdem sollte ein freiheitlicher Sprachgebrauch möglich sein. Man sollte zum Beispiel durch finanzielle Sicherheit mehr Anreize schaffen, dass mehr Frauen in die Wissenschaft gehen.

Juso-Hochschulgruppe: Die Uni besteht aus beiden Geschlechtern, viele Studien zeigen, dass sich durch eine gendergerechte Sprache mehr Frauen angesprochen fühlen. Es ist keine reine Symbolpolitik, sondern eine Sache des Respekts und sorgt für ein besseres Miteinander. Der freiheitliche Sprachgebrauch hört dort auf, wo sich andere diskriminiert fühlen. Außerdem wäre eine Frauenquote wünschenswert, nicht um der Quote Willen, sondern als Übergangslösung, denn Frauen werden bei Bewerbungen immer noch systematisch benachteiligt.

Liberale Hochschulgruppe: Genderneutrale Sprache ist keine optimale Lösung, da es keine einheitlichen Regelungen gibt, dazu kaschiert sie nur das eigentliche Problem. Der Begriff „Studierende“ ist allerdings wünschenswert. Dozenten sind angehalten, alle anzusprechen, ein Ausschluss einer Personengruppe wäre inakzeptabel. Allerdings gibt es einen Unterschied zwischen privater und formeller Nutzung der Sprache. Gegen die Ungleichbehandlung der Geschlechter ist ein anonymes Bewerbungsverfahren zu begrüßen. Eine Frauenquote ist der falsche Anreiz, die würde nur dazu führen, dass weibliche Angestellte als Quotenfrau tituliert werden.

Grüne BuDe: Eine Umbenennung des Studentenwerks, sowie eine geschlechtsneutrale Sprache ist kein Tropfen auf den heißen Stein, sondern ein Zeichen, dass man das Problem erkennt. Dazu wird ein anonymes Bewerbungsverfahren sowie die Frauenquote begrüßt. Es gibt an der gesamten Universität nur 26,7 Prozent weibliche Angestellte, sowie nur 18,5 Prozent Professorinnen. Das ist ein Defizit, das es auszugleichen gilt.

FSIen-Liste: Durch eine nicht genderneutrale Sprache fühlen sich Menschen ausgegrenzt. Es wird niemandem dadurch etwas weggenommen, sondern es wird nur etwas hinzugefügt. Peinlich für die FAU ist, dass sie im Genderranking den letzten Platz gelegt. Eine Umbenennung des Studentenwerks wäre ein Anfang. Der Gender-Aspekt wird durch eine neutrale Sprache stärker wahrgenommen. Eine Frauenquote ist der falsche Ansatz – es sollte mehr Sicherheit und mehr weibliche Vorbilder in der Wissenschaft geben.

(Anmerkung: Die Liberale Hochschulgruppe, sowie die RCDS wurden gefragt, was sie konkret bezüglich der Geschlechterungleichheit tun wollen, da sie sich dahingehend geäußert haben, dass es viel tiefgreifendere Probleme als eine gendergerechte Sprache gäbe)

Etwas einiger waren sich die antretenden Listen beim Thema Bafög und bei der Frage, ob leistungsstarke Studierende dadurch mehr gefördert werden sollen. Bis auf die RCDS sprechen sich alle für ein elternunabhängiges Bafög aus, dennoch sei eine Angleichung des Höchsteinkommens der Eltern notwendig. Das Bafög sei immer noch dazu da, einen Ausgleich zwischen finanziell Schwachen und finanziell starken Studierenden zu schaffen.

Auch die Liberale Hochschulgruppe sieht es weniger als Studienzuschuss und möchte ein Bafög, das abhängig vom Einkommen des Studierenden ist. Dazu sprechen sie sich auch für eine besondere Förderung für leistungsstarke Studierende aus, um einen Anreiz zu schaffen. Dies lehnen alle anderen Listen allerdings ab.

 

Immer dieses Semesterticket

Natürlich hat es auch das leidige Thema Semesterticket in die Runde geschafft. Das Semesterticket ist ein Sockelmodell, heißt: Es kann nur vergünstigt angeboten werden, weil es einen Solidarbeitrag gibt, den jeder zahlen muss. Die RCDS und die Liberale Hochschulgruppe fordern eine neue Urabstimmung, letztere schlagen exemplarisch eine Ringbusline zwischen den Universitätsorten vor und wollen bessere Vertragsbedingungen. (Anmerkung: Das Studentenwerk hat von der VGN keine besseren Bedingungen geboten bekommen. Es ist also nur das existierende Semesterticket, oder gar kein Semesterticket möglich)

Die Juso-Hochschulgruppe betonte, dass nicht das Semesterticket das Problem sei, sondern, dass es in Bayern keine verfasste Studierendenschaft gäbe. Durch die verfasste Studierendenschaft könnten Studierende eigene Verhandlungen mit den Verkehrsbetrieben führen, da sie eine eigene Rechtsperson wären.

Das Semesterticket führte also zur verfassten Studierendenschaft, das letzte große Thema. Eine Wiedereinführung dieser begrüßen die Grüne BuDe, die Juso-Hochschulgruppe, die FSIen-Liste sowie mit Einschränkungen die Liberale Hochschulgruppe. Die CSU-nahe RCDS sprach sich nicht vollkommen gegen eine studentische Mitarbeit in der Politik aus: Es gibt einen Gesetzesentwurf zum hochschulpolitischen Mandat, der noch entwickelt wird.

Insgesamt konnte man als Zuschauer viel aus der Podiumsdiskussion mitnehmen. Begrüßenswert war vor allem die Beteiligung der Zuschauer. Für funklust habe ich über die Diskussion im letzten Jahr einen Web-Artikel geschrieben, der allerdings viel kürzer war und weniger Informationen herausbrachte. Vielleicht gibt es doch noch die Hoffnung, dass die Wahlbeteiligung der Hochschulwahl steigt. Ich lege wirklich jedem ans Herz am 19. Oder 20. Juni zur Hochschulwahl zu gehen, auch wenn es euch nicht wirklich interessiert, ich zitiere Max Schmid: „Die Hochschulpolitik interessiert sich für dich!“

Vielen Dank zudem an Julian Popp, der zu den Themen Semesterticket und Umbenennung des Studentenwerks mit dem Pressesprecher des Studentenwerks gesprochen hat und mir dazu noch ein paar Infos weitergegeben hat.

Alle offiziellen Infos findet ihr übrigens auf wahlen.fau.de

Außerdem gibt es einen Wahl-O-Mat, den findet ihr hier: hochschulwahlkompass.de

Und was wähle ich genau? Das steht hier: stuve.fau.de

Mehr Artikel zur Hochschulpolitik: v-magazin.studierende.fau.de/hochschulpolitik/

 

Von Joana Hammerer

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