Die Debatte ist gern hitzig und emotional zwischen Befürworter*innen und Gegner*innen der gegenderten Sprache. Was mich in letzter Zeit besonders irritiert, ist, dass sich Gegner*innen des Genderns aus Angst, sich “links-grün-versifft” zu artikulieren, die Deutsche Sprache falsch verwenden – und ihre eigenen Argumente missachten. Das führt zu Absurditäten.

 

“Mit dem generischen Maskulinum sind Frauen mitgemeint”, erklären Gegner*innen der gegenderten Sprache gerne. Dass das ebenso wie “Das war halt schon immer so” kein Argument gegen gegenderte Sprache ist, erkäre ich gerne mal in einem anderen Blogbeitrag. Hier will ich erstmal feststellen: Sie haben Recht. Ja, Frauen werden traditionell mit dem generischen Maskulinum in der deutschen Sprache mitgemeint.

Sie werden mitgemeint, das bedeutet, dass bisher auch Frauen (1) und nicht nur Männer* mit einer Bezeichnung wie “der Kunde” oder “die Busfahrer” gemeint sind (2). Eine grammatikalisch maskuline Bezeichnung kann a) nur Männer (1) oder b) eine gemischtgeschlechtliche Gruppe meinen. Was mit ihr aber noch nie gemeint war – “das war schon immer so” – ist im Falle des Plurals eine Gruppe nur aus Frauen bestehend. 5 Journalistinnen* waren schon immer “5 Journalistinnen”. Und hier verrennen sich die betont nicht “links-grün-Versifften”:

Ich stolpere seit einiger Zeit immer wieder über Fälle, wo das generische Maskulinum im Plural für eine Gruppe verwendet wird, die eindeutig nur aus Frauen besteht. Und ich bilde mir ein, dass das “früher” nicht (so häufig) vorgekommen ist. Ich habe nicht den Eindruck, dass hier einfach nicht nachgedacht wurde, sondern, dass hier entgegen des muttersprachlichen Impulses im Deutschen, von “Journalistinnen” oder “Christinnen” oder was auch immer zu reden, bewusst das generische Maskulinum verwendet wurde. Wie absurd, weil dadurch die deutsche Sprache falsch verwendet wird durch diejenigen, die von sich selbst behaupten, sie zu “bewahren”. Absurd, aber immerhin nicht “links-grün-versifft” 😉

Ich zeige euch hier ein paar Beispiele. Wie erwähnt stolpere ich über solche Beispiele in letzter Zeit häufig, ich habe gerade nur die folgenden parat. Damit sollen aber nicht konkret die Schreiber*innen dieser Beiträge angeprangert werden. Ich möchte nur anhand dieser Beispiele veranschaulichen, was ich meine.

Hier ist ein Beitrag des “Sonntagsblatt”, in dem über eine einwöchige, interreligiöse reine Frauen-WG in Nürnberg berichtet wird: “Muslime und Christen in Mehrbettzimmern. 16 junge Frauen…” (bei 01:00) ist ein Beispiel. Im Text hingegen heißt es tatsächlich richtig “Eine Woche lang leben die Christinnen und Muslima unter einem Dach.”

Auf ein sehr absurdes Beispiel bin ich in einer Broschüre des Auswärtigen Amts gestoßen. In der Bildunterschrift auf Seite 14 (PDF-Dokumentenseite 9) heißt es: “In einem vom Auswärtigen Amt geförderten Projekt produzieren Journalisten eine Radiosendung über Frauenrechte (Côte d‘Ivoire).” Ich meine, im Studio nur Frauen zu sehen. Sind die beiden Männer im Technikraum hinter der Scheibe tatsächlich mitgemeint, so wäre hier das generische Maskulinum nach traditionellem Sprachgebrauch / althergebrachter Grammatik vielleicht sogar “richtig”. Absurd scheint es mir dennoch, wenn die Bundesregierung nach eigener Aussage auf der selben Seite bekämpfen möchte, dass “Menschen […] allein aufgrund ihrer Herkunft, Nationalität, Religi­onszugehörigkeit, ihres Geschlechts, ihrer sexuellen Orien­tierung oder Genderidentität diskriminiert, ausgeschlossen oder verfolgt” werden.

Übrigens mindestens so absurd: Wenn eine Frau im Alltag persönlich angesprochen wird mit einem generischen Maskulin im Singular. Ich meine damit nicht Situationen, in denen eine Bezeichnung im maskulin singular als allgemeiner Platzhalter verwendet wird (wie in den berühmt gewordenen Sparkassenformularen, in denen “der Kunde” steht oder auch in Briefen, die ich bekomme, wenn es Firmen anscheinend überfordert, elektronisch einzustellen, dass Kundinnen automatisch auch als solche angesprochen werden). Ich meine Situationen, in denen eine ganz bestimmte Person, die kein Mann ist, als solcher angesprochen oder bezeichnet wird. Wenn also aus purer Ignoranz die deutsche Sprache einfach falsch verwendet wird.

 

Von Carla Ober

(1) Ob ich hier ein Sternchen verwenden sollte bin ich mir nicht sicher. Während ich auch Personen mitdenke, die sich weder als Frau, noch Mann definieren (manche Inter- und Trans- sowie nonbinäre Personen), unterstelle ich, dass sie beim generischen Maskulinum eigentlich nicht mitgedacht werden, insofern, dass ihre Existenz nicht bedacht wird. “Gemeint” werden diese Personen aber dennoch, auch, wenn sie – fälschlicherweise – als Frau oder Mann betrachtet werden.

(2) Inwiefern Frauen* tatsächlich ernsthaft mitgemeint sind, darüber lässt sich wiederum streiten, aber das gehört in den anderen Artikel 😉

[Anmerkung der Redaktion: Am 26.11.18 um 01:10 wurden Sternchen an manchen Stellen nach entsprechendem Feedback (danke dafür!) in diesem Beitrag wieder entfernt, Anmerkung (1) wurde entsprechend in ihrer Formulierung angepasst.]