Als Zynikerin ist für mich das Leben nicht immer so einfach. Gefühlt sind wir als Gesellschaft in einem „Positivity“-Trend angekommen. Wir sollen alles beherzt mit einem Lächeln angehen und wenn uns etwas nicht passt, dann streuen wir doch einfach Konfetti darüber. Klingt nach einem Plan, oder?

 

Ich glaube, es vergeht kein Tag, an dem ich keine Sprüche wie „Don’t worry, be happy“ lese. Ob jetzt beim Einkaufen, in der Buchhandlung, oder im Internet – ich werde überschüttet mit dem (eigentlich sehr löblichen) Gedanken, die Welt und das Leben ein wenig leichter und optimistischer zu gestalten. Das hört sich alles auch immer erst mal gut an, aber es gibt eine Sache, die mich daran massiv stört: Es basiert auf dem Glauben, dass wir uns für unsere Gedanken und Emotionen bewusst entscheiden können und auch darauf, dass wir uns immer positiv fühlen müssen.

Beide Überzeugungen sind scheinbar sehr weit verbreitet und helfen uns im Umgang mit unseren Emotionen nur oberflächlich. Außerdem suggerieren sie: Wenn es dir schlecht geht, bist du selbst schuld daran, denn eigentlich kannst du es ja ziemlich leicht ändern – nur durch deine Gedanken.

Und das ist definitiv keine gesunde Einstellung. Damit treiben wir auch Menschen, die an psychischen Erkrankungen leiden, an den Rand der „Schwachen“ und bringen uns selbst bei, negative Gefühle so gut wie es geht zu vermeiden. Das führt dazu, dass wir uns weniger mit uns selbst auseinandersetzen, obwohl der genannte Trend uns eigentlich das Gegenteil auftischen möchte.

Aber sind wir wirklich so achtsam mit uns selbst, wenn wir uns gar nicht die Gelegenheit geben, etwas zu fühlen, was vielleicht nicht ins Bild passt? Auf welcher Ebene soll dann eine Auseinandersetzung damit geführt werden? Wie lernen wir, damit umzugehen, wenn wir über alles diesen “Möchtegern-Positivity-Schleier” werfen? Irgendwie – gar nicht.

In vielen Therapien (beispielsweise bei Depressionen oder Borderline) lernt man, mit seinen negativen Gedanken und Gefühlen umzugehen. Der erste Schritt: Akzeptanz. Quasi: Ich halte dieses Gefühl jetzt aus und akzeptiere, dass es da ist. Ich verzichte darauf, mich selbst dafür zu verurteilen, sondern suche nach Gründen oder nehme einfach mal hin, dass es mir nicht gut geht.

Damit wird die Grundlage für eine weitere Aufarbeitung geschaffen. Das Ziel ist nicht, problematische Emotionen zu vermeiden, sondern mit ihnen richtig umzugehen. Und das täte nicht nur psychisch erkrankten Personen gut, sondern auch ziemlich vielen gesunden Menschen um uns herum.

Denn wenn du über etwas, das in drei Monaten nicht mehr wichtig ist, mehr als drei Minuten nachdenkst, ist das auch okay. Es wäre wahrscheinlich praktischer, wenn wir immer nach dem Motto „Don’t worry, be happy“ leben könnten, aber wir sind alle nur Menschen, unsere Gefühlswelt ist zu komplex, um sie mit einfachen Worten abzuspeisen. Wir müssen uns tagtäglich selbst ergründen, ganz individuell. Mit einem Lächeln ist da allerdings nichts getan.

 

Von Joana Hammerer

Dieser Artikel ist zuerst in unserer letzten Printausgabe (Wintersemester 2018/19) mit dem Titelthema “Emotionen” erschienen.