Aller guten Dinge sind drei, so sagt man zumindest. Nachdem zwei, im Schimmer meiner Hoffnung strahlende Versuche, bereits gescheitert sind, steht nun der dritte Versuch an: Begleitet mich in dieser Kolumne durch die wundersam beschissene Zeit eines Nikotinentzugs.

 

Eine große 83 lacht mir von meinem “endlich rauchfrei”-Abreißkalender entgegen. Enthalten in einem kostenlosen Rauchstoppset hängt er mittlerweile zum dritten Mal neben dem Bild meiner Omi an der Wand. Beides sehr motivierend, sowohl meine Oma, als auch der Kalender. Jeder Tag wird durch das Abreißen des nächsten Blattes ein bisschen versüßt, selbst wenn gerade die ersten Wochen mit einem bitteren Beigeschmack durchzogen sind.

 

Gerade in den ersten – sehr harten – Tagen habe ich mich danach gesehnt, endlich die magische Grenze von einer Woche zu überschreiten. Denn nach einer Woche ist zumindest der körperliche Entzug überwunden, und damit die erste Etappe im Marathon gegen die Sucht überwunden. Okay, genau genommen passiert das schon nach 3–4 Tagen, doch die ziehen sich wirklich wie Kaugummi und selbst die Tage vor dem Rauchstopp sind ebenfalls eine kleine Gefühlsachterbahn.

Bezeichnend dafür war vor allem eine Situation, als ich in Erlangen auf den Zug wartete, welcher 10 Minuten Verspätung hatte, circa zwei bis drei Tage bevor ich aufhören wollte.

Foto: Christoph Wusaly.

Die Verspätung kam mir in der Tat sehr gelegen, hatte ich dadurch noch genügend Zeit für eine kleine Dosis Nikotin, da die letzte besorgniserregend lange her zu sein schien. Flink drehte ich den Tabak in das kleine Stück Papier, fügte den Filter hinzu und zündete mir die entstandene Zigarette an. Ich befriedigte meine Sucht und in meinem Körper und vor allem Gehirn tanzten die Zellen nur so voller Glück. Ich atmete den Rauch ein und spürte das Leben.

Irgendwann fing ich an, dieses merkwürdige Ding, welches ich da in meinen Händen hielt, genauer unter die Lupe zu nehmen. Sollte es wirklich klappen, das Rauchen aufzugeben, dann wäre dies eine meiner letzten Zigaretten. Die Tage dieses Glücksgefühls, das im Körper ausgelöst wird, wenn man nach langer Zeit endlich einen Glimmstängel ansteckt, schienen gezählt.

Schlagartig änderte sich meine Stimmung, das Gefühl von Abschied machte sich in mir breit und ich wurde tatsächlich melancholisch. Ich weiß, wie bescheuert das klingt, doch ich fühlte mich, als ob ich eine Art Lebensgefährtin in meiner Hand hielte, die mir seit so langer Zeit beistand, sich jedoch bald von mir verabschiedete. Schlagartig stellte ich mein Vorhaben infrage.

Was für andere Menschen stinkendes und krankmachendes Zeug war, schien mir nun wie mein persönliches Lebenselixier. Wie in einer Best-of-Episode, in der auf die Highlights einer Serie zurückgeblickt wird, erinnerte auch ich mich an all diese großartigen Momente, welche mir das Teufelszeug Tabak „versüßte“.

Überfordert mit diesem Gedankenkarussell gönnte ich mir glatt noch eine zweite Dosis Nikotin und erinnerte mich an meine Psychologielehrerin, welche im Unterricht der 11. Klasse preisgab, dass sie kurz vor ihrem Rauchstopp einen regelrechten Heulkrampf erlitt, so unmöglich schien es für sie ein Leben ohne Tabak zu führen.
Damals – als Nichtraucher — fand ich diese Geschichte tatsächlich amüsant (und zugegeben, auch etwas lächerlich), dabei ahnte ich natürlich nicht, was für Gefühle eine Sucht in einem Menschen doch auslösen können.

Als ich dann im Zug saß, stabilisierte sich meine Stimmung zum Glück. Ich machte mir klar, wie dumm ich eigentlich bin, dieses Teufelszeug so zu verehren – bringt der Konsum von Tabak doch keinen einzigen Vorteil mit sich. Kein Moment wird durch Zigaretten schöner und auch die Glücksgefühle, welche ich so gern genoss, sind eigentlich nur im Rauch verpuffende Entzugserscheinungen.

Seit diesem Erlebnis sind ganze 12 Wochen durchgehalten und natürlich einiges erlebt.

Wie beispielsweise die ersten Tage ohne meine „Lebensgefährtin“ waren, davon erfahrt ihr in meiner nächsten Kolumne, auf die ihr – versprochen – nicht so lange warten müsst wie auf diese Fortsetzung.

 

Von Christoph Wusaly