Eine neuartige App soll es ganz einfach machen, seine Freunde auf der Bergkirchweih zu finden. Wie das trotz schlechtem Empfang gelingen soll, haben uns die Entwickler verraten.

Nachzügler haben es auf der Erlanger Bergkirchweih naturgemäß schwer. Jede Minute schieben sich neue Menschenmassen zur T-Kreuzung hinauf. Zwischen tausenden Biertischen genau den zu finden, den die eigenen Freunde in Beschlag genommen haben, ist zu Stoßzeiten fast unmöglich. Selbst, wer sich an einem bestimmten Keller verabredet hat, kann im Gedränge meist kaum den Überblick behalten. WhatsApp-Nachrichten sind unzustellbar oder völlig kryptisch (“wir sitzen da oben links”…); Anrufe bei Musik und Gegröhle kaum verständlich sofern sie überhaupt zustande kommen.

Eine Karte wie in diesem Beispiel kann mit der App erstellt und verschickt werden. Die kleine rote Pinn-Nadel gibt den Standpunkt an.

Ein Start-Up aus Erlangen hat nun eine App entwickelt, die all diese Probleme ein für alle Mal lösen soll: Den ‘Berglotsen’. Mit dieser App kann man seinen Freunden den eigenen Standpunkt am Berg tischgenau mitteilen. Der Berglotse besteht aus einer schematischen Karte des gesamten Kirchweihgeländes. Für die großen Keller und Bierzelte gibt es Detailkarten, auf denen nicht nur markante Punkte wie Bäume, Bühnen und Treppen zu sehen sind, sondern auch jeder einzelne Tisch. Man sucht sich einfach den aus, an dem man gerade sitzt die Berglotsen-App erstellt dann eine Umgebungskarte, die man per WhatsApp, Facebook-Messenger, Telegram & Co. ganz einfach verschicken kann.

 

Jeder einzelne Tisch wurde von Hand vermessen

Einer der Gründer und Entwickler der App ist Christian Schulz. Bis sein Berglotse auch wirklich alle Tische und Orientierungspunkte am Berg kannte, vergingen laut Christian mehrere Wochen. Zunächst wollte das Team Satellitenbilder nutzen, um seine Karten zu erstellen diese stellten sich jedoch schnell als viel zu ungenau und veraltet heraus. Auch die Stadt Erlangen konnte aufgrund von Lizenzbestimmungen kein Kartenmaterial zur Verfügung stellen. Also blieb für Christian nur eine Möglichkeit übrig: Selber messen. Manche Kellerwirte rückten zwar ihre Pläne heraus, den Großteil des Geländes musste Christian aber selbst mit Maßband und Notizblock ablaufen. “Seither kenne ich hier jeden Tisch”, sagt Christian. Wie viele es insgesamt gibt? Hat er sich trotzdem nicht gemerkt.

Die Zielsetzung des Start-Ups ist für Christian ganz klar: “Weniger kostbare Bergzeit mit Telefonieren und Rumsuchen verschwenden.” Obwohl die Menschheit über weit ausgereifte Technik verfügt, sei sie von normalen Alltagssituationen wie dem Verabreden auf einem Volksfest oft heillos überfordert.

 

“Wir haben die tausendfache Rechenleistung der Apollo-Missionen in der Hosentasche und sind doch oft so hilflos.”
Christian Schulz, einer der Berglotsen-Gründer

 

Der Berglotse soll nun ein modernes, aber auch möglichst einfaches Hilfsmittel sein. Ein großer Vorteil: Es reicht, wenn eine Person pro Gruppe die App installiert hat. Das Versenden der Karte erfolgt ja anschließend über einen frei wählbaren Messenger-Dienst, den die meisten sowieso bereits benutzen.

 

Die Lösung für ein überfordertes Netz?

Ein großes Problem kann allerdings auch der Berglotse nicht vollständig lösen: Je voller die Bierkeller, desto dünner der Handy-Empfang. Christian gibt zu, dass die App dann in Ausnahmefällen genauso nutzlos sein könnte wie alle herkömmlichen Methoden. Das Entwicklerteam hat das Handynetz aber stets im Hinterkopf behalten und dem Berglotsen einen besonderen Vorteil verschafft: Die Karten werden von der App als komprimierte Vektor-Grafiken gespeichert und verschickt. Solche Dateien sind nur wenige Kilobyte groß und dementsprechend viel einfacher zu versenden als zum Beispiel ein selbstgeschossenes Foto. Und Christian hofft, dass die Berglotsen-App den Handy-Empfang sogar verbessern könnte: “Wenn unsere App viele Leute haben, dann sollten wir das Netz auch ein Stück weit entlasten können.” Mehr Berglotse, weniger missglückte Anrufe, mehr Empfang für alle? Falls das klappt, haben die Entwickler noch viel größere Pläne. Dann gibt es die Lotsen-App vielleicht bald auch für das Oktoberfest, die Mensa oder Rock im Park.

 

von Julia Weller