Dieses Mal befasse ich mich mit einer alltäglichen Angelegenheit: Dem Essen. Schonmal ein weitaus beliebteres Thema als Feminismus. 

Noch dazu nimmt es im Leben eigentlich aller Menschen Platz ein, was bei Feminismus nicht der Fall ist. (Wenn ihr Meine Meinung zum Thema Feminismus noch nicht gelesen habt, könnt ihr das hier nacholen!)

Meine Freunde sind es leid, sich ständig meine Meinung zu jeglichen Themen anhören zu müssen. Selbst, wenn ich von einem Thema überzeugt bin, beginnt mein Hirn – sobald ich ein Argument ausgesprochen habe – mit dem Suchen und Finden von Gegenargumenten, die meine eigene Meinung außer Kraft setzen. Hin und wieder gelingt es mir dann aber dennoch, nicht nur meinen Kopf zum Rauchen zu bringen, sondern ebenfalls eine fundierte und – wie ich finde – grandiose Meinung zu entwickeln, an der ihr nun monatlich in dieser Kolumne teilhaben dürft. Herzlichen Glückwunsch dazu!

 

Vom Snack zwischen den Vorlesungen, der Teilnahme am Laufgelage, dem perfekten Katerfrühstück, diversen Kochshows oder dem neusten Superfood – in unserer Gesellschaft dreht sich ziemlich viel um dieses Thema. Selbst meine Psychologielehrerin pflegte zu sagen: „Essen ist der Sex des Alters!“.

Gierig wie wir Menschen nun einmal sind, können wir von Dingen, die Glücksgefühle in uns auslösen, einfach nicht genug haben.  Blöderweise schütten wir beim Essen Glücksgefühle aus. Um das „Glück“ auf die Spitze zu treiben, gibt es mittlerweile in jeder Stadt All-you-can-eat-Restaurants. Für mehr oder weniger Geld kann man sich hier den Bauch bis zur Besinnungslosigkeit vollschlagen, um dies 30 Minuten später schon wieder zu bereuen. Und das jedes Mal.  Doch warum eigentlich? Wieso fällt es vielen von uns so schwer, zu widerstehen?

Zum einen ist da natürlich der Kostenfaktor, der für den ein oder anderen Nachschub zuständig ist. „Lieber in Mong verenkt, als im Wirt wos gschenkt!*“, lernte ich schon als kleiner Bub von meinem Onkel. Das wird allerdings schwieriger, je mehr man bezahlt. Selbstverständlich sind wir uns zwar bewusst, dass es praktisch gar nicht möglich ist, mehr zu essen, als man bezahlt (sonst würde es solche Restaurants nicht länger geben als die Bauchschmerzen, die sie verursachen) und dennoch stachelt alleine die Bezeichnung „All you can eat“ dazu an, mehr Essen zu sich zu nehmen, als wir eigentlich benötigen, um unser Hungergefühl zu stillen. Passend dazu schüttet unser Gehirn nicht nur Glücksgefühle aus, wenn uns etwas schmeckt, sondern auch, wenn wir der Ansicht sind, ein Schnäppchen gemacht zu haben. Genau deshalb scheint es stets eine  gute Idee zu sein, erneut Nachschlag zu holen. Man gönnt sich ja sonst nichts!

 

Oder eben doch. Eigentlich immer und vor allem überall. Wir schwimmen im Überfluss, und als ob Smartphone, Laptop, Urlaub und  teure Klamotten nicht genug sind, wird auch am Buffet über die Stränge geschlagen. Während andere Menschen an Hunger leiden, nennt sich unser Leid Völlerei. Und hier stelle ich mir jedes Mal erneut die Frage: Ist das nicht ziemlich respektlos?  Ich weiß, dass man keine Menschenseele rettet, indem man einen Teller weniger isst. Aber kann man dann noch von sich behaupten, es „schrecklich zu finden,  Lebensmittel wegzuschmeißen“? Gibt es da denn noch einen so großen Unterschied?  Und kann man ein Gericht überhaupt in vollen Zügen genießen, wenn man grenzenlos viel davon essen kann? Ist es nicht eigentlich die letzte Gabel Nudeln, die man am meisten schätzt? Ziemlich viele Fragen.  Antworten findet ihr bestimmt, wenn ihr das nächste Mal auf euer à la carte bestelltes Essen wartet, denn weniger ist manchmal eben doch mehr.

 

* [Hochdeutsch etwa: Lieber den Magen verrenkt, als dem Wirt etwas geschenkt]

 

von Christoph Wusaly