Heroin, Diebstahl, Junkie sein – für viele von uns ist das eine Welt, die wir nur aus Filmen kennen, oder aus den Medien, inszeniert als eine Parallelwelt, weit weg von „uns“. Wir sind wir und „die“ sind die Junkies. Man spricht „über“ sie, selten „mit“ ihnen. Und wenn es jemand aus der Sucht herausgeschafft hat? Ein neues Gesicht für die Sucht-Prävention, Drogen, böse, böse, aber bloß nicht mehr erzählen!
$ick, der Autor von Shore Stein Papier, macht das ein bisschen anders.
Am 26. April trat $ick in der Lux Kirche in Nürnberg auf. „Alles andere als eine Lesung“ war der Untertitel und versprach damit nicht zu viel. Wirklich gelesen wurde zwar nur zweimal, was aber total okay war. Dafür bekam man zwei Stunden lang einen Einblick in das Leben eines Menschen, das größtenteils aus Sucht und Kriminalität bestand, ohne dass man das Gefühl hatte, man wäre beim Anti-Drogen-Tag in der Schule gelandet.
Ich hatte das Buch nicht gelesen und $ick kannte ich auch nicht so wirklich. Mein Freund hatte sich die Videos auf YouTube angesehen und erzählte mir vor einiger Zeit, wie begeistert er davon war. Und so ging ich auch in diese Lesung. Jungfräulich und unbefleckt.
Und dann saß ich da, zwei Stunden lang, und hörte einem Menschen zu, der vom Klauen, Gefängnisaufenthalten und Drogenerfahrungen spricht, als wären all diese Dinge kleine Jugendsünden. Lachen erlaubt. Er schaffte eine Atmosphäre, die dem doch sehr ernsten Thema gerecht, aber nicht steif wurde. Dass Shore rauchen und klauen eine Scheißidee ist, erklärt sich durch $icks Geschichte von selbst.
Ein wenig ernster wurde der Ton zum Schluss dann doch: Als er zum ersten Mal seine neugeborene Tochter im Arm hielt, schämte er sich zum ersten Mal für das, was er die Jahre davor getan hatte. Seine Sucht hat er im Endeffekt durch die Aufgabe, seine Geschichte vor der Kamera zu erzählen, „besiegt“. Seit sechs Jahren hat er weder Koks noch Heroin genommen.
Ich mag Geschichten. Ich mag vor allem Geschichten, die gut erzählt werden. $ick hat mich überzeugt. Ich habe mir sogar das Buch gekauft, das ich mir nach der Show persönlich signieren lassen konnte.
Von Joana Hammerer