Was ist eine Angststörung und wie gehe ich damit um? Die Autorin Gabriele Finck gibt in diesem Gastbeitrag Einblicke in ihre Erfahrungen.

 

Eigentlich hatte ich mich aufs Studium gefreut. Endlich raus von zu Hause und rein in die große Stadt, die schöne unbekannte, vielversprechende Welt der Freiheit. Als frisch gebackene Studentin hatte ich meinen Stundenplan bis oben hin vollgestopft und war hochmotiviert, das Studium zu rocken. Doch dann kam alles anders.

Dienstagmorgen. Ich klopfe an die Tür des Unipsychologen. Der Raum ist muffig und klein, ehrlich gesagt wenig einladend. Der Kollege vom psychosozialen Dienst bietet mir ein Glas Wasser an. „Wo drückt denn der Schuh?“ Ich stammle und suche nach Worten. Dann beschreibe ich ihm einfach meine letzte Panikattacke.

Ich sitze im Hörsaal, höre den Professor über Emile Durkheim und soziale Normen referieren, als mich plötzlich der Schlag trifft. Meine ich zumindest. Von einem Moment auf den anderen fängt mein Herz an zu rasen, mir ist total schwindlig und es fiept im rechten Ohr. Ich ringe um Luft. Ich kriege eine Krise! Irgendwie schaffe ich es, meine Sachen zu packen und aus der Vorlesung zu fliehen. Draußen auf dem Gang sitze ich auf einer Bank und bin mir ganz sicher, dass ich ins Krankenhaus muss. Stattdessen fange ich an zu heulen. Soziale Norm bin ich schonmal nicht!

So komme ich ins Reden, meine Gefühle sprudeln nur so hervor. Der Unipsychologe (nicht an der Uni Erlangen-Nürnberg) hört sich alles geduldig an, nickt dann, als hätte er das alles schon einmal gehört und sagt, er wolle mir mal einen Ratschlag geben. Ich setze mich aufrecht hin und bin gespannt, ja voller Hoffnung. Da meint er trocken zu mir: „Duschen Sie kalt!“ Wie bitte? „Sie müssen einfach jeden Morgen kalt duschen. Der Rest legt sich von allein.“ Mit diesem Tipp kann ich nun mal rein gar nichts anfangen. Doch mehr kann er mir nicht liefern. Er verabschiedet mich mit einem freundlich gemeinten Zwinkern. Dann bin ich wieder auf mich allein gestellt.

 

Die lähmende Angst vor der Angst

Falls du dich in dieser Beschreibung irgendwo wiederfindest, so will ich dir sagen: Du bist nicht allein. Was du da fühlst, ist das, womit ich jahrelang zu kämpfen hatte: mit einer Panikstörung, einer Angsterkrankung – Agoraphobie wie der Fachterminus dazu heißt.

Die schlechte Nachricht ist: Das geht nicht einfach wieder vorüber, wie eine üble Laune. Eine Angsterkrankung solltest du so ernst nehmen, wie ein gebrochenes Bein. Die gute Nachricht ist: Du kannst aktiv etwas dafür tun, dass es dir besser geht. Vor allem ist es wichtig, dass du jemanden davon erzählst.

Ich hab‘ immer – viel zu lange – so getan, als sei alles eitel Sonnenschein, dabei bin ich innerlich tausend Tode gestorben. Ich habe mich nach und nach aus allen Verpflichtungen und Aktivitäten gelöst. Die Angst vor der nächsten Panikattacke war einfach zu groß! Immer öfter habe ich Verabredungen abgesagt, Vorlesungen geschwänzt, mich davor gedrückt, etwas zu unternehmen. Am Ende stand ich einsam und allein auf weiter Flur.

Ich wünsche mir für dich, dass du es nicht soweit kommen lässt! Ein gebrochenes Bein kann man von weiten schon erkennen. Dann hilft dir jemand beim Treppensteigen oder du bekommst wenigstens verständnisvolle Worte. Eine Angststörung sieht man dir nicht an! Psychische Probleme sind nach außen hin „unsichtbar“. Das heißt aber nicht, dass sie eingebildet wären. Im Gegenteil: Bei dir ist gerade ordentlich etwas in der Schieflage.

Versuche nicht, alles allein lösen zu wollen. Manchmal ist wahre Stärke auch, andere um Hilfe zu bitten, ein Gespräch zu suchen. Vertrau dich jemandem an, zeig dich und was in dir vorgeht. Denn deine Kommiliton*innen führen auch kein perfektes Leben, haben auch nicht alles im Griff, das kannst du mir glauben. Nach außen hin scheint immer vieles ganz anders. Gib deinem Gegenüber und dir die Chance, euch wirklich kennenzulernen. Dabei verlierst du vielleicht nicht nur ein bisschen Angst, sondern gewinnst auch noch Freunde fürs Leben.

 

Über mein Buch „Mit der Angst im Gepäck“ (ISBN: 978-3982048727)

Gabriele auf dem Marktplatz in Greifswald.

• Du hast das Gefühl, deine Angst frisst dich auf?

• Du sehnst dich nach Leichtigkeit und Angstfreiheit? Du willst dein Leben endlich (wieder) anpacken und rocken?
• Du bist auf der Suche nach Methoden und Möglichkeiten, mit deinen Ängsten umzugehen?

 

 

 

In meinem Buch „Mit der Angst im Gepäck“ schreibe ich als Betroffene über meine Erfahrungen und was hilft, wenn die Angst zu bedrohlich wird. Mein Ratgeber ist ein kleiner liebevoller Begleiter, der Mut macht, sich wieder an Herausforderungen zu wagen. Mehr Informationen findest du unter www.mut.mondamo.de.

 

Von Gabriele Finck

 

Einen Artikel über psychische Krankheiten und die FAU könnt ihr hier lesen.

Solltet ihr wirklich einmal ernsthaft Hilfe brauchen, könnt ihr die ambulante Terminvergabe der Uniklinik kontaktieren.

Auch das Studentenwerk hat ein psychologisch-psychotherapeutisches Beratungsangebot. Allerdings kostet hier ein Gespräch zwischen 10 und 15 Euro.