Emily schreibt über die Vorzüge und Nachteile von Kommunikation über Chats, und beschäftigt sich mit der Frage, ob wir deswegen zu grammatikalischen wie sozialen Analphabeten werden.

 

„Hey, Hi oder Heyy?“ Die klassische Frage nach einem Konversationsstarter im Messenger hat vermutlich schon den Großteil von uns an irgendeinem Punkt mal beschäftigt. Aber warum ist das so? Warum denken wir ein einzelner Buchstabe könnte den Verlauf einer Konversation oder die Rezeption des Gegenübers maßgeblich beeinflussen?

Virtuelle Konversation ist längst keine Seltenheit mehr. Vielmehr sind vor allem für junge Leute WhatsApp, Facebook-, sowie Instagram-Messenger mittlerweile eine Hauptquelle sozialer Vernetzung mit Freunden, Familie und Co. Einige erinnern sich wahrscheinlich noch an die Zeiten als man Brief- oder E-Mail-Freunde hatte oder bei einer SMS die genaue Anzahl an Buchstaben aus Kostengründen zählen musste. Die modernen sozialen Netzwerke erleichtern das Schreiben statt Reden zunehmend und manchmal bekommt man den Eindruck man kann gar nicht mehr aufhören mit dem ständigen ‚online-sein‘.

Unser grundlegender Wortschatz verändert sich beim Schreiben nicht, aber dennoch scheint es einfach nicht das gleiche zu sein sich per Handy zu unterhalten, wie sich live gegenüberzustehen. Aber warum ist das so?

Ein Punkt ist sicher, dass wir beim Schreiben unsere Antworten oft zweimal überdenken, und manchmal reagieren wir auch erst Stunden später, was im tatsächlichen Beisammensein recht seltsam wäre. Außerdem ermöglicht uns das Chatten mittlerweile nicht mehr nur mit Worten zu antworten. Beispielsweise fügt man jetzt gern mal ein lustiges GIF oder ein Emoji mit ein. Hierbei scheinen Emojis eine Wissenschaft an sich zu sein. Manche finden sie überflüssig, andere fühlen sich angegriffen, wenn man keine verwendet. Zusätzlich sind Abkürzungen jetzt im Trend, wenn man Großbuchstaben verwendet dann schreit ma,n und Satzzeichen benutzt man nur noch mit Ü40 oder wenn man edgy sein will.

Da kommt die Frage auf, wann diese Regelsammlung für die „korrekte“ virtuelle Konversation eigentlich entstanden ist. Vor den Messengern wie wir sie heute kennen, gab es einige „Vorreiter“. Vor ein bis zwei Jahrzehnten waren SchülerVZ oder ICQ noch die It-Girls der sozialen Netzwerke. Damals waren Emoticons und feste Internetzeiten noch angesagt.

Fakt ist: Sprache und Konventionen ändern sich ständig und das kann sich eben auch auf das virtuelle Konversieren beziehen.

Klar hat diese Art der Kommunikation viele Vorteile. Nie zuvor war es einfacher mit den Verwandten am anderen Ende der Welt zu reden. Bevor man etwas schreibt was man bereut, kann man sich auch noch mal eine Minute Zeit nehmen und sich dann doch dagegen entscheiden. Die Gründe hierfür können jedoch gedanklich auch umgekehrt werden. Man empfängt weniger Emotionen und zeigt folglich auch weniger. Manche „Signale“ kommen im Chat vielleicht auch mal ganz anders rüber, als sie gemeint waren.

Ist das Chatten deswegen etwas Schlechtes? Nein, natürlich nicht.

Würde es uns aber nicht öfter mal gut tun, die Gesichter unserer Liebsten samt Mimik und ernstgemeinten Lächeln, statt immerzu Bildschirme mit verschlüsselten Intentionen und Emotionen anzusehen? Vermutlich. Dann können wir vielleicht mal weniger darüber nachdenken, welches Wort wir denn jetzt verwenden sollen und mehr darüber, warum wir überhaupt so gerne mit unseren Mitmenschen reden.

 

Von Emily Abbas-Shah

Beitragsbild: Pexels (Roman Odintsov)