Schottland wagt als erstes Land in der EU den Schritt, Hygieneprodukte für Frauen in allen öffentlichen Einrichtungen kostenlos bereitzustellen

 

Am 24. November hat das Parlament in Schottland einen Gesetzesentwurf einstimmig verabschiedet, der es allen Frauen möglich machen soll kostenlos Tampons zu erhalten – jede öffentliche Einrichtung, vor allem Schulen und Universitäten, sollen diese bereitstellen. Hintergrund dieses Entwurfs ist die sog. „Periodenarmut“. Periodenarmut beschreibt ein Problem, dem viele Frauen und Mädchen aus niedrigen sozialen Schichten jeden Monat gegenüberstehen: Hygieneprodukte wie Tampons, Binden oder Menstruationstassen sind sehr teuer und da sie sich diese nicht leisten können, müssen sie auf alte Zeitungen, Stofflappen oder Klopapier zurückgreifen. Eine Frau hat ca. 40 Jahre ihres Lebens jeden Monat für durchschnittlich 5 Tage ihre Periode. Die Kosten für Menstruationsprodukte liegen im Monat zwischen 5 und 15 Euro, abhängig von der Art des Hygieneartikels und eventuellen Zusatzkosten für Schmerzmittel. Über das gesamte Leben gibt eine Frau also zwischen 2.400 und 7.200 Euro allein dafür aus.

Dass Periodenarmut, wie oft angenommen, nicht nur ein Problem von armen Ländern ist, kann man anhand einer Umfrage von Plan International sehen: jede zehnte Frau in England zwischen 14 und 21 kann sich keine Hygieneprodukt für ihre Periode leisten. 19 Prozent der Befragten haben sich für ein anderes, weniger passendes Produkt aus finanziellen Gründen entschieden. Die Abgeordnete Lennon, die den Gesetzesentwurf einbrachte, betonte vor der Abstimmung: „Wir sind uns alle einig, dass sich niemand Sorgen machen sollte, woher die nächsten Tampons kommen“. Keine Frau sollte jeden Monat für 2-7 Tage, die sowieso mit Schmerzen, Stimmungsschwankungen und Konzentrationsschwierigkeiten behaftet sind, noch mehr Unwohlsein durch ein unpassendes Produkt empfinden.

Abgesehen von dem sozialen Aspekt sollte man auch bedenken, dass fehlende Menstruationsprodukte medizinische Probleme auslösen können. Studien fanden Zusammenhänge zwischen schlechter Hygiene und Harnwegsinfekten, Infektionen des Reproduktionstrakts und Hautreizungen.

Dazu kommen noch psychosoziale Belastungen, wie erhöhter Stress und Verlegenheit. In der Studie von Plan International gaben 48 Prozent der Mädchen im Alter zwischen 14 und 21 an, Scham aufgrund ihrer Periode zu empfinden und 71 Prozent gaben sogar an, sich bei dem Kauf von Hygieneprodukten zu schämen. Der Beschluss wirkt sich nicht nur auf die Periodenarmut aus, sondern trägt auch zur Entstigmatisierung bei. Dass Perioden und die damit verbundene Hygiene immer noch ein schwieriges Thema sind, kann man an der Werbung für Tampons und Binden sehen: anstelle von Blut wird zur Demonstration blaue Flüssigkeit verwendet und die meiste Zeit hüpfen Frauen vergnügt durch die Straße – in weißer Kleidung. Dass das nicht der Realität entspricht, ist wahrscheinlich jedem klar, aber es ist eben angenehmer, als die Wahrheit darzustellen. Frauen lernen schon sehr früh zu verstecken, wenn sie ihre Periode haben. Tampons und Binden werden geheim mit auf die Toilette genommen und in hübsche Taschen verpackt, damit sie im Rucksack nicht auffallen.

Auch wenn es einem nicht gut geht, überspielt man es, da man nicht das Klischee verstärken will, dass Frauen aufgrund ihrer Tage launisch und weniger belastungsfähig sind. Auch mit Freundinnen redet man eher selten darüber, höchstens, um nach einem Tampon zu fragen oder nach Tipps für die Bauchschmerzen. Mit diesem Gesetzesentwurf wird die Thematik in die Öffentlichkeit gebracht. Es ist kein Tabuthema mehr, sondern eine relevante gesellschaftliche Frage, bei der jeder mitdiskutieren soll.

Ob Deutschland dem schottischen Vorbild folgen wird, ist unklar. Es gab auch hier schon Diskussionen bezüglich der Thematik. Seit Anfang des Jahres werden Tampons vom Gesetzgeber nicht mehr als „Luxusgüter“ angesehen, also mit 19 Prozent versteuert, sondern haben nur noch 7 Prozent Steuer, fallen also auch unter wichtige Güter, die für den alltäglichen Bedarf gedacht sind. Allerdings haben viele große Hersteller die Steuersenkung nicht an die Kunden weitergegeben, sondern die Preise einfach erhöht. Gesetze können also ein guter Anfangspunkt sein und Veränderung anstoßen. Im Endeffekt ist ihre Wirksamkeit aber immer abhängig von dem dahinterliegendem Problem und der Bereitschaft der Gesellschaft an diesem etwas zu verbessern.

 

Von Celina Eichhorn

Bildquelle: Foto von Anna Shvets von Pexels