In der vierten Ausgabe der Ehrenamtskolumne geht es diesmal um eine ganz besondere Sprache: Funksprache. Und auch die will natürlich gelernt und geübt sein! 

Wir sind schon zwei Stunden unterwegs. Die heiße und trockene Luft kratzt in meiner Kehle. Immer  wieder knackt das Funkgerät und verzerrte Stimmen sind zu hören. Es ist stickig. Wir lassen die Fenster herunter, doch das bringt keine Erleichterung. Auch draußen ist die Luft heiß und stickig. Kein Lüftchen weht. Von hier aus hat man eine schöne Aussicht.

Über zwei Felder und einen dünnen Waldstreifen hinweg sehe ich auf den Stausee, der nicht einmal ein drittel seines normalen Füllstandes erreicht hat. Alle Pflanzen haben eine gelbliche oder matt grüne Farbe. Alles ist staubtrocken. Die
Waldbrandgefahr ist sehr hoch.

Ich könnte jetzt im Freibad liegen und mir die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Doch das tue ich nicht. Stattdessen sitze ich hier, in langärmligen Schutzklamotten und ledernen Sicherheitsstiefel. Der Helm und die Handschuhe liegen unbeachtet auf dem leeren Sitz mir gegenüber.

Piep – „Florian XX 41/1 von YY Land 4/3 – kommen“

Endlich, unsere Sprechaufforderung. Nervös nehme ich das Funkgerät, das mir ein Kamerad hinhält. Kein Grund zur Panik, es ist nur eine Übung. Ich hab noch nie zuvor in meinem Leben gefunkt. Ich drücke auf die Sprechtaste, warte das Piepen ab und antworte:

„Florian XX 41/1 – kommen“

Schwer ist es nicht, nur ungewohnt. Ich hatte mir vorher zu Hause schon die Lehrunterlagen zum Sprechfunk angeschaut. Und das wichtigste haben mir meine Kameraden während der Übung erklärt. Im Grunde habe ich nur nachgesprochen, was sie mir wenige Sekunden zuvor vorgesagt haben. So lerne ich eben am besten. Zuschauen, imitieren, selber machen.

Piep – „Frage: Standort – kommen“

Piep – „Standort: Kreuzung Musterstadt zu Stausee – kommen“

Piep – „Standort korrekt. …

Es folgt noch die Frage, welche maximale Höhe mit einer vierteiligen Schiebeleiter erreicht werden kann. Nach kurzer Diskussion in der Mannschaft (Wie hoch sind zwei Stockwerke?) antworte ich sieben Meter. Korrekte Antwort. Wir bekommen neun Ziffern zurück. Unser nächstes Ziel. Die ersten drei Ziffern geben die Karte an, die nächsten drei Ziffern den Ostwert und die letzten drei Ziffern den Nordwert. Wir navigieren unseren Maschinisten zu unserem nächsten Ziel.

„Wir werden immer besser“, freut sich einer meiner Kameraden. Ich grinse breit zurück. Schwer war das nicht. Als wir den ersten Standort bekamen, brauchten wir eine viertel Stunde, bis wir die Ziffernfolge entschlüsselt und den Ort auf der Karte gefunden hatten. Nach dreieinhalb Stunden Schnitzeljagd durch den Bereich 4/3 benötigten wir nur noch eine Minute. Das ist eine Zeit, mit der man Arbeiten kann.

Verzerrte Stimmen drangen aus dem Lautsprecher des Funkgerätes. Unser Maschinist zog scharf die Luft ein. „Das war jetzt frech.“ Kurz darauf:

Piep – „Funkdisziplin wahren!“

Ja, beim Funken gibt es einige Regeln. Fast wie beim Sprechen einer Fremdsprache. So fühlt es sich zumindest an.

Nach knapp dreieinhalb Stunden Übung sitzen alle Feuerwehren des gesamten Kreisbrandmeister (KBM) Bereich YY 4/3 zusammen, essen Bratwurstsemmeln, unterhalten sich und lachen zusammen. Glücklich setze ich mich zu meiner Mannschaft, nachdem meine Bratwürste von den ganzen Gesprächen mit anderen Feuerwehrleuten schon wieder kalt geworden sind.

Die Übung hat sich definitiv gelohnt. Koordinaten lesen und danach fahren funktioniert nun in einem Bruchteil der Zeit und jeder der Mannschaft hatte mindestens dreimal das digitale Funkgerät in der
Hand und musste funken.

Auf dem Heimweg schaue ich aus dem Fenster und lasse die letzten Stunden Revue passieren. Die Sprache ist unser täglicher Begleiter. Wort für Wort und Satz für Satz kommt über unsere Lippen, ohne dass wir uns überhaupt Gedanken darüber machen müssen. Es scheint so selbstverständlich wie die Luft zum Atmen. Erst wenn man eine neue Sprache erlernt, merkt man, was für ein riesiges Wissensnetz dazu gehört.

Beim Sprachenlernen denkt man sofort an Englisch, Spanisch, Italienisch, Tschechisch und all die anderen Sprachen, die auf unserem Planeten zu finden sind. Dabei bleibt eine Sprache – ach was sage ich, tausende von Sprachen – auf der Strecke. Die Fachsprachen.

 

Text & Bild von Nadja Zeitler