Prostitution hat in Deutschland eine eher ungewollt spezielle Stellung.

 

Die sexuelle Revolution hat die Gesellschaft verändert. Durch sie hat sich die Sexualmoral der Allgemeinheit gewandelt und Sexualität wird zunehmend liberalisiert. Nachdem Prostitution im 20. Jahrhundert noch als sittenwidrig galt, wurde sie 2002 als Beruf anerkannt und legalisiert, nicht zuletzt mit dem Hintergedanken, die Arbeitsumstände von Sex-Arbeiter:innen zu verbessern.

Ein gängiges Argument scheint heute zu sein: Personen leben durch Prostitution ihre sexuelle Freiheit aus. Vor allem für Frauen, die den Großteil der Sex-Arbeiter:innen ausmachen und deren Sexualität immer noch häufig stigmatisiert wird, ist dies zunächst ein legitimes Argument. Jedoch verschleiert es auch die Wahrheit über die Lebensumstände von einer Vielzahl prostituierter Personen.

Ein Problem, welches auch in Deutschland präsent ist, ist Zwangs- und Armutsprostitution und Menschenhandel. Sprachlich begrenze ich mich im Folgenden auf Frauen, da diese am meisten betroffen sind.

 

Abhängigkeitsverhältnisse und Gewalt

Deutschland wird als das Bordell Europas bezeichnet. Für gekauften Sex ist die Nachfrage groß. Vor der Pandemie wurde sie auf ca. 1,2 Millionen Freier täglich geschätzt. Der Sex-Verkauf wird heute als reguläre Dienstleistung angesehen. Jedoch wurde eben durch die liberale Gesetzeslage auch der Menschenhandel und die Zwangsprostitution begünstigt. Diese bleiben zwar illegal, können durch die Legalität der Prostitution aber leichter verschleiert werden.

Aus Rumänien, Bulgarien und anderen süd- und osteuropäischen Ländern werden Frauen in reiche Industrieländer geschmuggelt, um dort anzuschaffen. Vor allem aufgrund von Armut geraten viele in Abhängigkeitsverhältnisse oder wählen die Prostitution einfach aus einem Mangel an Alternativen.

Populäre Taktiken der Zuhälter sind beispielsweise die Loverboy-Methode, physische und psychische Gewalt, Ausnutzung einer Zwangslage o. Ä. Die Kriminellen hierbei sind in der Regel keine Einzelpersonen, sondern vielmehr Gruppen und Netzwerke von Menschenhändlern. Die Opfer dieser Verbrechen sind oft noch minderjährig.

Sexuelle Ausbeutung, Traumata und Gewalt sind Alltag der Zwangsprostituierten und erfolgen oft auch durch die Freier in Deutschland und den Zielländern. Außerdem erhalten die Prostituierten nur einen kleinen Anteil des verdienten Geldes, woraus wiederum eine Perspektivlosigkeit resultiert. Fehlende Sprachkenntnisse und das mangelnde Vertrauen in die Polizei und Hilfsorganisationen erschweren zusätzlich den Ausstieg aus dem Gewerbe.

 

Lösungsansätze

Zu Prostitution gibt es diverse Meinungen und zu den Problemen in der Branche diverse Lösungsansätze. Eine einfache Kriminalisierung ist keine Lösung, da Prostitution und insbesondere Menschenhandel auch im Dunkeln weitergeführt werden würde. Außerdem würde es tausenden Prostituierten die Lebensgrundlage nehmen und selbstbestimmte Sexarbeit würde wieder stigmatisiert werden.

Viel diskutiert ist zudem der nordische Lösungsansatz, bei welchem nicht Sex-Verkauf, sondern Sex-Kauf kriminalisiert wird, doch auch dieser ist umstritten. In Schweden, das Land, in dem der nordische Lösungsansatz gestartet wurde, kritisieren Prostituierte, dass durch die Gesetzeslage zunehmend gefährliche Freier zu ihnen kommen. Eine simple Lösung existiert nicht.

 

Wichtig: Enttabuisierung und Aufklärung

Ein erster Schritt ist in jedem Fall eine bessere Aufklärung der Menschen, deshalb kann ich jedem nur empfehlen sich und andere über das Thema zu informieren. Freier sollten sich im Klaren darüber sein, dass man vor allem bei Prostituierten, die billigen Sex anbieten, nicht davon ausgehen kann, dass deren Arbeit auf Freiwilligkeit beruht. In diesem Artikel habe ich nur in verknappter Version das Problem deutscher Prostitution angesprochen und erhebe nicht den Anspruch, die Komplexität des gesamten Themas erfasst zu haben.

 

Von Emily Abbas-Shah

Beitragsbild: Pexels (Valeria Boltneva)

Referenzen

Zwangsprostitution in Europa (ARTE):
https://www.youtube.com/watch?v=KGC9u03ZVlY

Sex gegen Geld: Sollten wir Prostitution verbieten?|13 Fragen (ZDF):
https://www.youtube.com/watch?v=nE_TcVwofg0

Prostitution in Deutschland – Von der Sittenwidrigkeit zur legalen
Dienstleistung (Muntermann/Aufmkolk):
https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/sexualitaet/prostitution_die_geschichte_der_kaeuflichen_liebe/pwieprostitutionindeutschlandvondersittenwidrigkeitzurlegalendienstleistung100.html