Schon von Beginn unseres Lebens an stehen wir vor Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Das erste Wort, der erste Schritt, der erste Tag im Kindergarten. Unsere Eltern sind Zeit unseres Lebens die Menschen, die uns motivieren, uns immer neuen Aufgaben zu stellen – oder eben auch nicht.

 

Wie viel in dem Satz „Ich glaub’ an dich“ eigentlich steckt, begreifen wir oft erst mit der Zeit. Er ist Ausdruck von Vertrauen, bestärkt uns in unseren Fähigkeiten und zeigt uns zugleich, dass wir nicht allein sind, denn es steht jemand hinter uns.

Nicht in jeder Situation ermutigt unser Umfeld uns, immer neue Wege zu gehen. Gerade wenn es um den Übergang ins erwachsene, eigenständige Leben geht, erscheint es nötig, uns zu Realist:innen zu machen. Da fallen schon einmal Sätze wie: „Mit dem Studium bekommst du eh keinen Job.“ Oder „ Bist du sicher, dass du das hinbekommst?“ In diesen Momenten sind wir umso dankbarer für jemanden, der:die uns mitteilt, dass er:sie an uns glaubt. Das können ein:e Freund:in, Bruder oder Schwester, der:die Partner:in, oder auch unsere Eltern sein. Ein vermeintlich schlichter Satz lässt uns mutig werden, lässt uns vielleicht auch einmal über unsere Grenzen hinausgehen.

Natürlich kann auch ein „Ich glaube nicht, dass du das schaffst“ Ansporn sein. Dann will man es dem Gegenüber vielleicht gerade besonders beweisen und die eigene Willenskraft demonstrieren. Was aber, wenn der Punkt des Ansporns überschritten wird? Was, wenn wir müde werden, immer neu zu zeigen, was wir können? Oder schlimmer noch: Was, wenn wir irgendwann selbst nicht mehr an uns glauben?

Es ist ein schmaler Grat zwischen guten Ratschlägen und Entmutigung. Was für den:die eine:n eine Entscheidungshilfe ist, ist für den:die andere:n ein Zeichen, dass man nicht an ihn:sie glaubt. Auch das Gegenteil ist nicht auszuschließen: Was für den:die eine:n Ermutigung ist, bedeutet für den:die andere:n Druck, weil er:sie niemanden enttäuschen will.

Am wichtigsten ist am Ende, die Sicherheit zu haben, dass da jemand ist, der:die hinter uns steht, der:die uns auffängt, wenn wir fallen, und der:die nicht enttäuscht ist, wenn wir die Erwartungen einmal nicht erfüllen.

“Ich glaub’ an dich” – ein Satz, der immer dort besonders wichtig wird, wo wir selbst an uns zweifeln. Die eigenen Grenzen zu überwinden, kann das größte Hindernis sein, aber wenn man die Gewissheit hat, dass andere an einen glauben, können Mauern anfangen zu bröckeln und Grenzen zu Möglichkeiten werden. Der erste Schritt wird zugleich zum ersten Schritt in Richtung Unabhängigkeit, das erste Wort ebnet den Weg, uns auszudrücken, am ersten Tag im Kindergarten finden wir neue Freund:innen.

Lasst uns also alle ein bisschen weniger Realist:innen und ein bisschen mehr Träumer:innen sein, und den Menschen um uns herum sagen: Ich glaub an dich!

 

Von Johanna Neumeier

 

Beitragsbild: Johanna Neumeier