An der Uni läuft einiges schief: das Sprachenzentrum ist bedroht, Arbeitsbedingungen verschlechtern sich, Forschung soll vor allem zu Gunsten der Wirtschaft laufen. Die Studierenden der GEW kommentieren hier!

Am Samstag, dem 19.06., haben die GEW Studis Erlangen (die Hochschulgruppe der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft am Erlanger Standort der FAU) gemeinsam mit der Studierendenvertretung und engagierten Studis sowie Uni-Beschäftigten eine Demonstration organisiert. Sie stand unter dem Motto „Ausgespart! Keine Uni ohne uns! Hochschulreform und Kürzungen stoppen!“ und führte vom Audimax über die Hauptbibliothek und die Innenstadt bis zum Himbeerpalast, an den die Philosophische Fakultät in der Zukunft verlegt werden soll.

Thema der Demo waren sowohl die bayrische Hochschulreform unter dem irreführenden Titel „Hochschulinnovationsgesetz“ (dazu später mehr) als auch die Kürzungen und Verschlechterungen der Studien- und Arbeitsbedingungen an der FAU, ganz konkret die Bedrohung unseres Sprachenzentrums.

Was ist das Problem dabei?

Im Rahmen der Abschaffung von Stellenhülsen durch den Freistaat haben sich die Stellen für die angestellten Mitarbeiter:innen wesentlich verteuert. Gleichzeitig sind die Studienzuschüsse, also das Budget, aus dem das Sprachenzentrum hauptsächlich bezahlt wird, seit 2014 trotz Inflation und steigenden Studierendenzahlen nicht mehr gestiegen. Dadurch ist ein Finanzloch von etwa 500.000€ entstanden – die Unileitung zeigt bis jetzt keinerlei Bereitschaft, diese Finanzierung zu übernehmen Das reicht jedoch nur für die Festangestellten des Zentrums selbst, nicht aber für die Lehrbeauftragtenstellen – und damit kostet es nicht nur Arbeitsplätze, sondern dezimiert auch die Vielfalt und Menge der Sprachkurse.

Unsere Kommiliton:innen aus der StuVe haben dazu treffend geschrieben: „Sollte diese Finanzlücke nicht gefüllt werden, werden pro Semester statt 11.500 nur noch 6.500 Sprachkursplätze angeboten – ob das überhaupt nur dem Grundbedarf entspricht, ist fraglich.

Die Sprachenvielfalt ist auch in Gefahr: Momentan werden über zwei Dutzend Sprachen angeboten, unter anderem neben weit verbreiteten Sprachen wie Englisch, Chinesisch und Spanisch auch seltenere Sprachen wie Isländisch, Koreanisch, oder Swahili. Ein Sprachangebot in dieser Breite könnte unter den drohenden Sparzwängen nicht aufrecht erhalten werden.“ (Link: https://stuve.fau.de/2021/06/14/demo-kuerzungen/)

In unserer Rede sind wir auf den Zusammenhang der jetzigen Kürzungen und der kommenden Hochschulreform eingegangen – sie haben gemeinsam, dass wir Studierende, Beschäftigte, Forschende und Lehrende wenig bis kein Mitspracherecht haben, wenn die Unileitung und der Freistaat Dinge beschließen, die unsere Unis betreffen. Und dagegen kämpfen wir!

„Liebe Studis, Kolleg:innen und Freund:innen,
danke, dass ihr heute mit uns auf die Straße gegangen seid, um Kürzungen und die Hochschulreform zu stoppen! Ausgspart is!

Ein großer Anlass, um diese Demo möglichst schnell zu machen, war die Zukunft unseres Sprachenzentrums, welches ganz akut durch Kürzungen in seiner Existenz bedroht ist. Darüber habt ihr ja bereits einiges gehört.

Doch das ist nicht der einzige Fall, in dem unsere Uni gerade kaputtgespart wird. Während der Corona-Zeit wurden unter anderem die Öffnungszeiten der Hauptbibliothek und mancher CIP-Pools eingeschränkt, um Geld zu sparen – zum Nachteil der Studis, die nun neben dem für den Infektionsschutz notwendigen Aufwand mit Anmeldung et cetera auch mit engeren Zeitplänen konfrontiert sind.  Das Projekt „Qualität in Studium und Lehre“, kurz „QuIS“, wurde nach seiner zweiten Förderphase nicht mehr verlängert, weshalb unter anderem die E-Learning-Koordinator:innen an der FAU weggefallen sind. Super Idee in einer Pandemie – nicht. Und über den – sagen wir mal fragwürdigen – Zustand einiger Gebäude der Philosophischen Fakultät, in denen aufgrund von PCB-Belastung ein Betretungsverbot für Schwangere und Stillende herrscht, wollen wir an dieser Stelle gar nicht viel reden. Es reicht zu wissen, dass es die FAU bereits vor Jahren zur Satiresendung Extra 3 geschafft hat. Immerhin hat die Baufälligkeit hier dazu geführt, dass wir deutschlandweite Bekanntheit erlangen – auch sowas wie Exzellenz, oder?

Was haben all diese Dinge aus dieser unvollständigen Aufzählung aber miteinander zu tun? Ob die Kürzungen vom Land oder von der Unileitung beschlossen werden – wir können wenig mitbestimmen. Klar, es werden manchmal auch die Stimmen der Studis angehört, und unsere Kommiliton:innen aus der Studierendenvertretung leisten in verschiedenen Kommissionen unermüdlich wertvolle Arbeit. Aber wenn das letzte Wort gesprochen wird, haben wir darauf keinen Einfluss.

Seit der Abschaffung der verfassten Studierendenschaft im Jahr 1973 ist die „demokratische Mitbestimmung“ der Studierenden im bayrischen Universitätsbetrieb vor allem eine Mitbestimmung der leeren Worte, ohne praktische Macht. Wenn jetzt also gekürzt wird, wenn Mittel gestrichen werden, wenn unsere Uni-Gebäude verfallen und sowohl die Arbeitsbedingungen studentischer Hilfskräfte als auch unserer Kolleg:innen aus der Lehre, Verwaltung et cetera verschlechtert werden, dann passiert das über unseren Kopf hinweg! Aber das wollen wir nicht mehr hinnehmen!
Wir kämpfen deshalb dafür, dass wir an den Unis entscheiden, wie unsere Lehre gestaltet und Mittel verwendet werden – gemeinsam mit den Beschäftigten und Forschenden! Die Unis denen, die dort arbeiten, studieren, forschen und leben!

Doch es geht immer noch schlimmer: neben diesen aktuellen Angriffen auf unser Studium, unsere Uni und die Arbeitsplätze unserer Kolleg:innen steht uns auch weiterhin die bayrische Hochschulreform ins Haus. Nachdem wir schon zwei Mal gegen das Eckpunktepapier aus dem letzten November auf der Straße waren, hat die bayerische Staatsregierung nun im Mai einen konkreten Gesetzesentwurf veröffentlicht. Dabei fällt vor allem eines auf: es wurden fast alle Punkte, die wir bereits an dem Eckpunktepapier kritisiert hatten, in den Gesetzesentwurf übernommen! Unter anderem auch die Studiengebühren für Nicht-EU-Bürger:innen, obwohl der bayrische Wissenschaftsminister Anfang des Jahres noch etwas ganz anderes versprochen hat! Da wurden wir wohl dreist angelogen!

Der Gesetzesentwurf unterwirft unsere Unis auch einer geradezu diktatorischen Führung durch den Freistaat: An dieser Stelle wurde es jetzt geradezu verschlimmbessert – aus einer Präsidialdiktatur, vor der wir auf unseren letzten Demos gewarnt haben, wird nun eine Ministerialdiktatur: Bei unliebsamen Entscheidungen kann jederzeit vonseiten des Ministeriums eingegriffen werden, auch ein unbequemer Präsident kann jederzeit abberufen werden. Dabei haben wir Studierende genauso wie auf die Wahl der Präsident:innen keinen Einfluss. Und Wiedereinführung der verfassten Studierendenschaft? Davon steht natürlich auch nichts im Entwurf. Die tollen modernen Unis, welche sich die Staatsregierung wünscht, zeichnen sich also auch weiterhin nicht durch Demokratie und Freiheit aus!

Außerdem wird die Orientierung von Forschung und Lehre auf die freie Wirtschaft weiter fortgeschrieben: so sollen die Universitäten künftig konkrete “Leistungsziele” erfüllen und dann abhängig von der Erfüllung dieser “Leistungsziele” dotiert werden. Sie müssen sich extern evaluieren lassen und zu diesem Zwecke entsprechende Daten weitergeben. Und die Abhängigkeit von Drittmitteln und der dadurch entstehende Einfluss von Unternehmen auf die Wissenschaft wird im Gesetzesentwurf ganz bewusst verstärkt: in diesem werden die Hochschulen nun verpflichtet, sich durch Drittmittel zu finanzieren.

Professor:innen können künftig bei vollen Bezügen für ein Jahr an die Industrie “ausgeliehen” werden. Für Forschung und Lehre stehen sie dann natürlich nicht mehr zur Verfügung. Außerdem können Universitäten Unternehmen in großem Umfang Inventar und Räume zur Verfügung stellen – wer will schon Seminare haben, wenn man in den gleichen Räumen auch StartUps mit dubiosen Arbeitsbedingungen gründen kann?

Schließlich sollen starke Forschungszweige und Studiengänge stärker mit den Grundmitteln gefördert werden. Das werden wohl oft genug diejenigen Fächer sein, die durch viele Drittmittel weniger unter Geldmangel leiden. Was aus den Studiengängen wird, welche aufgrund ihres geringen direkten Nutzen für die Wirtschaft Schwierigkeiten haben an Drittmittel zu kommen, wird im Gesetzesentwurf nicht beantwortet. Die Frage hierbei ist: bewusst oder unbewusst? Schließlich wurde in der Kritik an der geplanten Hochschulreform oft genug darauf hingewiesen, dass die sogenannten „Orchideenfächer“ dadurch massiv bedroht werden. Gute Forschung findet aber oft fächerübergreifend statt, und die Existenz eines Studiengangs darf nicht von seiner wirtschaftlichen Verwertbarkeit abhängen!

Zusammenfassend lässt sich also feststellen: Der Fokus von Hochschulen und Universitäten soll künftig auf einer Forschung für die Wirtschaft liegen, was zu Lasten der Grundlagenforschung und kritischer Wissenschaft geht. Gute und freie Forschung außerhalb des Mainstreams, nach dem Motto “Mach was, was kein anderer macht”, wird durch das Hochschulgesetz deutlich schwieriger werden.

Eine gute Lehre, freie und ausreichend finanzierte Forschung und Wissenschaft sind aber essenziell für technischen Fortschritt und eine progressive Gesellschaftsveränderung. So wichtig, dass in Artikel 5 des Grundgesetzes die Freiheit von Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre garantiert wird!

Zum Schluss dieser Rede wollen wir noch darauf eingehen, was wir dagegen machen können: das klingt jetzt alles sehr groß, bedrohlich, vielleicht unaufhaltsam. Aber wir dürfen nie vergessen, dass wir – die Studierenden, die Forschenden und Lehrenden, die Beschäftigten – auch Macht haben, wenn wir uns zusammenschließen: in unserer Solidarität liegt unsere Stärke! Organisiert euch, Bringt euch ein und kämpft mit uns gemeinsam gegen Kürzungen, Ausbeutung im Universitätsbetrieb und die Hochschulreform!
Egal, was uns die Unileitung der FAU und die bayrische Staatsregierung noch aufzwingen wollen – wir GEW Studis werden vorbereitet sein!

Wir fordern:
–    Solidarität statt Konkurrenz – gute Bildung für alle und zwar umsonst!
–    Steckt endlich mehr Geld in die Lehre!
–    Finger weg von der Wissenschaftsfreiheit!
–    Stoppt die Hochschulreform!
–    Die Uni muss uns gehören!

Wir wünschen euch noch einen schönen und kämpferischen Tag, danke, dass ihr mit uns auf der Straße wart!“

Wir danken dem V-Magazin, dass wir diese Rede, welche wir zum Abschluss der Demonstration gehalten haben, hier in Gänze veröffentlichen können. Ihr habt Lust mal bei uns vorbeizuschauen und mit uns gemeinsam die Uni aufzumischen? Dann meldet euch bei uns über unsere Social-Media-Kanäle (Facebook: @gewstudisnbg / Instagram: gewstudisfau) oder per Mail über studis-erlangen@gew.bayern – wir freuen uns auf euch!

Bild & Text von den Studierenden der GEW