Johanna gibt uns einen Einblick in die geschichtliche Entwicklung und heutigen Stand des Feminismus in Italien. Der Text ist auf Deutsch und Italienisch verfügbar.
Um den Weg des Feminismus in Italien zu verstehen, ist es wichtig, zunächst einen Überblick über die Chronologie der Rechte der Frauen in Italien zu geben:
1874: Frauen dürfen erstmals weiterführende Schulen und Universitäten besuchen.
1902: Um die Ausbeutung von Frauen und Kindern zu verhindern, wird ein Gesetz verabschiedet, das den Einsatz von Frauen und Kindern als Arbeitskräfte in Minen verbietet und ihre maximale Arbeitszeit auf 12 Stunden täglich beschränkt.
1919: Die Bevormundung durch den Ehemann wird abgeschafft; Frauen dürfen erstmals öffentliche Ämter bekleiden (Ausnahmen sind das Richteramt, Polizei- und Wehrdienst).
1923-1943: Das faschistische Regime führt erneut Gesetze ein, die Frauen ihren Vätern bzw. Ehemännern unterwerfen. Das neue Strafgesetzbuch sieht zudem eine Strafminderung für sog. Ehrenmorde (delitto d’onore) vor, d.h. Delikte an Frauen, um deren Ehre zu bewahren, auch bei Femizid!
1945: Frauen erhalten erstmals das Wahlrecht.
1948: Die neue Verfassung Italiens sieht für Frauen erstmals in allen Bereichen gleiche Rechte wie für Männer vor, diese bleiben jedoch oft rein formal.
1963: Frauen können erstmals das Richteramt bekleiden.
1970: Scheidungen sind ab sofort möglich, außereheliche Kinder werden jedoch nach wie vor nicht anerkannt.
1975: Außereheliche Kinder werden erstmals als gleichberechtigt anerkannt; Frauen werden als gleichberechtigt in der Ehe anerkannt.
1978: Schwangerschaftsabbrüche aus medizinischen Gründen (Risiko für Mutter oder Kind) sind innerhalb der ersten 5 Monate der Schwangerschaft ab sofort möglich. Auch in Ausnahmefällen wie bei einer Vergewaltigung ist eine Abtreibung innerhalb der ersten 90 Tage der Schwangerschaft möglich.
1981: Das Gesetz zur Strafminderung im Falle eines „Ehrendelikts“ (delitto d’onore) wird aufgehoben.
1981: Frauen können erstmals den Polizeidienst antreten.
1999: Frauen können erstmals den Wehrdienst antreten.
2013: Erstmals werden die Strafgrundsätze bei Gewalt gegen Frauen konkret festgelegt.
Die Geschichte des Feminismus in Italien
Ende des 19. Jh. wandten sich in Italien die ersten Frauen in Anlehnung an die britischen Suffragetten gegen die geltende politische Ordnung und forderten ein Wahlrecht für Frauen. So brachte Anna Maria Mozzoni bereits 1877 einen Antrag auf Wahlrecht für Frauen im Parlament ein, der aber abgelehnt wurde. Est die sogenannte Resistenza, d.h. der erfolgreiche Befreiungskampf der italienischen Bevölkerung gegen die Faschisten und Nationalsozialisten, brachte den nächsten großen Schritt für die italienischen Feminist:innen. In diesem nahmen die Frauen eine bedeutende Rolle ein, indem sie einerseits zur Versorgung der Kämpfer:innen beitrugen und andererseits teilweise selbst am Kampf teilnahmen. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges erreichten die Feminist:innen einen Meilenstein in der Geschichte der Frauenrechte: das Wahlrecht. Einen nächsten Höhepunkt stellte die 68er-Bewegung dar, die letztlich dazu führte, dass das Recht auf Scheidung und Abtreibung (in bestimmten Fällen) eingeführt wurde. Im Laufe der 80er und 90er wurden die feministischen Bewegungen zunehmend auch im akademischen Bereich tätig, das Ziel war akademische Berufe aller Art für Frauen attraktiv zu machen und die Vorherrschaft der Männer in diesen Bereichen abzulösen.
Wie aber sieht es aktuell in Italien aus?
Der Gender Gap Report 2021 ordnet Italien in Bezug auf die sozialen und wirtschaftlichen Divergenzen zwischen den Geschlechtern an Rang 63 der Welt ein. Damit liegt Italien im europäischen Kontext eindeutig am hinteren Ende. Erschreckend sind insbesondere die Untersuchungsergebnisse im Bereich „Economic Participation and Opportunity“, wo Italien nur auf Rang 114 landet, und „Health and Survival“, wo Italien an 118. Stelle rangiert. Ausgeglichen wird das Ganze zwar durch Platz 57 im Bereich „Educational Attainment“ und Platz 41 im Bereich „Political Empowerment“, im europäischen Kontext sind diese Werte jedoch erschreckend und zeigen, dass auch die angeblich so weit entwickelten westlichen Länder noch einen weiten Weg zur tatsächlichen Gleichberechtigung vor sich haben. Führungsposten haben in Italien beispielsweise nur zu 28% Frauen inne, während Island die Liste Westeuropas mit 41,9% anführt.
Darüber hinaus ist in Italien noch immer ein gewisser „Alltagssexismus“, beispielsweise in Form von Catcalling, im Gange. Kaum eine (junge) Frau in Italien hat noch nie erlebt, dass ihr von einem Mann nachgepfiffen oder nachgerufen wurde.
Diesen Ungleichheiten wollen heutige feministische Bewegungen in Italien entgegenwirken. Zu nennen sind hierbei beispielsweise:
„Se non ora quando? (Wenn nicht jetzt wann dann?)“: Die Gruppierung setzt sich für eine pluralistische Gesellschaft ohne jegliche Diskriminierung ein. Zu diesem Zweck organisiert sie Demonstrationen, um Druck auf politische Entscheidungsträger auszuüben.
„Association of Women of the Mediterranean Region” (AWMR): Die Gruppierung kämpft gegen Diskriminierung und Ungleichheit im Mittelmeerraum und setzt sich darüber hinaus für Abrüstung, Frieden und das Recht auf Migration in dieser Region ein.
„Casa Internazionale delle Donne (Internationales Haus der Frauen)”: Die Gruppierung setzt sich für die praktische Umsetzung der Rechte von Frauen und insbesondere für eine größere Mitbestimmung von Frauen in der Politik ein. Zu diesem Zweck bietet sie verschiedene Dienstleistungen und Beratung an, führt aber auch u.a. ein Restaurant und ein Gästehaus.
„Diotima”: Die Assoziation beschäftigt sich vor allem auf philosophischer Ebene mit Frauen und ihren Rechten.
Fest steht, dass der Feminismus in Italien, aber auch in Deutschland noch einen weiten Weg vor sich hat, um eine wahre, nicht nur juristische Gleichstellung von Frauen in der Gesellschaft zu erwirken.
von Johanna Neumeier
Beitragsbild: “Monumento Alle Mogli Dei Marinai” in Rimini, Foto von Martin Scherbakov
– italiano –
Innanzitutto vi darò una piccola cronologia dei diritti delle donne in Italia:
1874: Viene consentito alle donne l’accesso ai licei ed università.
1902: Per evitare lo sfruttamento di donne e bambini, viene approvata una legge che vieta loro la mansione di minatori e limita le ore lavorative giornaliere a 12.
1919: Le donne non hanno più bisogno dell’autorizzazione da parte del marito; le donne possono per la prima volta lavorare nei pubblici uffici (eccezione sono Magistratura, polizia e servizio militare)
1923-1943: Durante il fascismo vengono riapprovate delle leggi per sottomettere le donne ai padri o mariti. Inoltre il “delitto d’onore” viene previsto nel nuovo Codice Penale: a chi uccide la moglie o un’altra persona per salvare l’onore della famiglia (per esempio se la moglie ha un amante), la pena viene ridotta di un terzo.
1945: Suffragio femminile: le donne possono votare per la prima volta.
1948: La nuova costituzione italiana prevede pari diritti tra donne e uomini, spesso però questi diritti esistono solo sulla carta.
1963: Le donne possono rivestire la carica di Giudice.
1970: La legge sul divorzio viene approvata e confermata con un referendum nel 1974.
1975: La legge sul diritto della famiglia prevede la parità tra uomo e donna nel matrimonio; i figli nati al di fuori del matrimonio vengono riconosciuti come figli legittimi per la prima volta.
1978: La legge sull’aborto permette l’interruzione della gravidanza per ragioni medici (rischio per madre o bimbo) fino al quinto mese di gravidanza, anche per motivi personali (circostanze particolari come lo stupro) l’aborto è consentito entro i 90 giorni.
1981: Le donne possono entrare nel corpo di Polizia.
1981: La legge sulla riduzione della pena per il “delitto d’onore” viene abrogato.
1999: Le donne possono entrare nelle Forze Armate.
2013: Per la prima volta i provvedimenti penali in caso di violenza contro le donne (come stalking, maltrattamento ecc.) vengono regolamentati.
La storia del femminismo in Italia
Il femminismo italiano è ancora relativamente giovane. I suoi inizi si trovano alla fine dell’Ottocento, quando le prime donne italiane, seguendo l’esempio delle suffragette inglesi, si ribellarono contro l’ordine politico in vigore e chiesero il suffragio universale.
Anna Maria Mozzoni, per esempio, comparve in Parlamento per chiedere il diritto di voto per le donne già nel 1877, ma la domanda fu respinta.
Un passo fondamentale sulla via del femminismo italiano fu la Resistenza. Le donne hanno avuto un grande ruolo nella liberazione dell’Italia: da un lato si occuparono del sostenimento dei partigiani, dall’altro loro stesse parteciparono alla lotta. Successivamente la fine della Seconda Guerra Mondiale arrivò finalmente il suffragio femminile.
Un altro momento culminante della storia del femminismo italiano è il movimento degli anni sessanta che porta all’approvazione delle leggi sul divorzio, sull’aborto (in certi casi) e sul diritto della famiglia.
Negli anni ottanta e novanta il movimento femminista diventa sempre più accademico; ovvero che le donne lottano per la fine dell’egemonia degli uomini in questi campi.
Vediamo però la situazione attuale delle donne in Italia
La ricerca “Gender Gap Report 2021” si occupa delle divergenze sociali ed economiche tra uomo e donna, e mette l’Italia al 63esimo posto nel mondo. Il risultato è abbastanza scioccante siccome l’Italia è molto indietro rispetto agli altri paesi europei. Soprattutto nelle categorie di “Economic Participation and Opportunity” e “Health and Survival” la situazione è particolarmente allarmante, finendo al 114esimo e 118esimo posto. Nel contesto europeo questi risultati sembrano ancora più sconvolgenti: solo il 28% delle posizioni di leadership in Italia sono occupate da donne, mentre in Islanda sono il 41,9%.
Inoltre, un grande pericolo per il femminismo italiano è un certo “sessismo quotidiano”, per esempio sotto forma di “Catcalling”. Quasi ogni ragazza in Italia ha già fatto l’esperienza di essere fischiata dietro da un uomo o ragazzo.
I movimenti femministi italiani lottano contro tutte queste disuguaglianze. Vi darò degli esempi famosi:
“Se non ora quando?”: Il movimento lotta contro la discriminazione e per una società pluralistica; per questo organizzano manifestazioni per fare pressione sul governo.
“Associazione di Donne della Regione Mediterranea (AWMR): Il movimento lotta contro discriminazione e disuguaglianze nella regione mediterranea e si impegna per il disarmo, la pace e il diritto di migrare in questo territorio.
“Casa Internazionale delle Donne”: Il movimento si impegna per la realizzazione pratica dei diritti delle donne e soprattutto per la partecipazione delle donne in politica. Per questo offrono diversi servizi e consulenza. Essi gestiscono anche un ristorante e una foresteria.
“Diotima”: L’associazione che si dedica al femminismo soprattutto su un livello filosofico.
È chiaro che il femminismo in Italia, ma anche in Germania, ha ancora molta strada da fare per raggiungere la vera uguaglianza delle donne nella società, non solo quella legale.
da Johanna Neumeier
Immagine: “Monumento Alle Mogli Dei Marinai” a Rimini, foto da Martin Scherbakov
Quellen/Fonti:
[1] https://www.donne.it/femminismo-in-italia/
[2] https://www.diotimafilosofe.it
[3] https://www.casainternazionaledelledonne.org/chi-siamo/
[4] https://awmr-donneregionemediterranea-italia.blogspot.com/p/iniziative.html
[5] https://www.senonoraquando-torino.it/chi-siamo/
[6] https://www.pourfemme.it/articolo/movimento-femminista-in-italia-dagli-anni-60-a-oggi/114884/
[8] https://www.weforum.org/reports/ab6795a1-960c-42b2-b3d5-587eccda6023