Achtung Spoiler-Alarm: Unsere Autorin Carlotta hat sich die neueste Staffel der Serie Sex Education angeschaut. Hier fasst sie die wichtigsten Ereignisse zusammen und ordnet ein, wie die Macher:innen das noch immer tabuisierte Thema “Sex” darstellen.

Die dritte Staffel der Erfolgsserie Sex Education auf dem Streamingdienst Netflix beginnt mit einer gravierenden Veränderung der Schulhierarchie. Aufgrund der vergangenen Eskapaden der Schule, wie das Skandal-Musical der Mitschülerin Lily (Tanya Reynolds), übernimmt die neue Schulleiterin Hope Haddon (Jemima Kirke) die Aufsicht.

Die Leithandlung, die sich durch die dritte Staffel zieht, sind die Veränderungen des Schulalltags, welche sich durch die neue Schulleiterin eingestellt haben. So werden die Schüler*innen dazu verpflichtet, Schuluniformen zu tragen, die stereotypisch nach den biologischen Geschlechtern Frau und Mann gestaltet sind. Frauen müssen Röcke tragen und Männer Hosen. Jedoch weigert sich Cal (Dua Saleh), ein/e nicht-binäre*r Mitschüler*in, sich für eine Art der Uniform zu entscheiden. Auch die Regel, dass der Sexualkundeunterricht der Schule von nun an nach Geschlechtern getrennt abgehalten werden soll und Unterrichtsmethoden anwendet, die längst veraltet und überholt sind, stößt auf Widerspruch.

Parallel laufen verschiedene Handlungsstränge ab, die die einzelnen Mitschüler*innen und Charaktere außerhalb der Schule betreffen.

Die Mitschülerin Aimee (Aimee-Lou Wood) leidet unter ihrem traumatischen Erlebnis aus der vergangenen zweiten Staffel. Aimee fällt es zunehmend schwerer, sich mit ihrem Freund auf Intimitäten einzulassen und beginnt eine Therapie bei Jean.

Auch die Beziehung von Lily und Ola (Patricia Allison) erhält aufgrund Lilys sexuellen Vorlieben, welche die Kostümierung als Aliens vorsieht, immer wieder Konfliktpotenzial.

Eric (Ncuti Gatwa) und sein Freund Adam (Connor Ryan Swindells) kommen nach einem gemeinsam verbrachten Sommer wieder in der Realität an. Adam hat noch immer Schwierigkeiten, sich seine Sexualität und seine Gefühle für Eric einzugestehen. Dies führt häufig zu Streit zwischen den Beiden. Als Eric zu seiner Familie nach Nigeria reist, lernt er dort das queere Nachtleben kennen und küsst einen jungen Fotografen. Eric merkt, wie groß der Unterschied zwischen ihm und Adam in Bezug auf die Identitätsfindung ist und trennt sich schlussendlich auch von ihm.

Beim Protagonisten Otis (Asa Butterfield) haben sich ebenfalls einige Veränderungen über den Sommer eingestellt. Otis fängt eine Affäre mit der beliebten Schülerin Ruby (Mimi Keene) an. Die beiden werden schlussendlich offiziell ein Paar und Ruby gesteht Otis am Telefon ihre Liebe. Dieser ist allerdings immer noch in Maeve (Emma Mackey) verliebt und kann ihr Geständnis nicht erwidern.

Die Beziehung zwischen Otis und Maeve ist nach dem vergangenen Sommer nicht existent. Otis denkt, dass Maeve seine Gefühle nicht erwidert. Maeve hat jedoch nie von seinem Liebesgeständnis auf ihrer Mailbox erfahren. Nachdem die beiden aus Versehen auf einem Schulausflug zurückgelassen werden, klären sie das Missverständnis auf und es kommt endlich zum lang ersehnten Kuss der beiden Liebenden.

Im großen Staffelfinale gelangen dann alle Geschichten zu einem gemeinsamen Ende. Am Tag der offenen Tür der Schule schließen sich die Schüler*innen zusammen, um gegen die Ungerechtigkeiten der Schulleiterin vorzugehen. Sie drehen ein Video, in dem gezeigt wird, wie offen sie zu ihrer Sexualität stehen und wie gerne sie vor dem Schulleiterwechsel zur Schule gegangen sind. Nach einigen Schwierigkeiten kann das Video schlussendlich auch auf dem Tag der offenen Tür gezeigt werden. Maeve gesteht Otis endlich ihre Gefühle und dass sie an einem Begabtenprogramm in den USA teilnehmen wird. Die beiden verabschieden sich, aber versprechen sich auch, dass sie sich wiedersehen werden.

Sex Education gelingt es, auf eine humoristische und dennoch respektvolle Art und Weise sensible und höchst relevante Themen anzusprechen. Zwischen Alltags- und Beziehungsproblemen erfahren die Zuschauer*innen etwas über das queere Spektrum , Identitätsfindung, sexuelle Übergriffigkeit oder auch einfach die Schwierigkeit des Erwachsenwerdens. Außerdem bietet die Serie eine gute Grundlage für die Identifizierung mit den einzelnen Charakteren. Die Schüler*innen machen Fehler, verletzten jemanden und erleben Schicksalsschläge und Enttäuschungen. Dadurch wirken sie nahbarer, aber auch vielschichtiger und repräsentieren die Realität.

In Sex Education werden Themen, die von der Gesellschaft als Tabu deklariert wurden, in die Normalität eingebunden. Es wird gezeigt, wie hilfreich eine Psychotherapie sein kann und dass es nicht mit Scham behaftet sein muss, sich Hilfe zu suchen. Sex Education behandelt die Verschiedenheit der sexuellen Vorlieben und zeigt auch hier, dass Kommunikation der wichtigste Punkt von gemeinsamer Intimität ist, um allen Beteiligten ein gutes und sicheres Gefühl zu vermitteln.  Auch weist die Serie darauf hin, wie wichtig die Sexualaufklärung ist und wie weit unsere Gesellschaft in diesem Punk hinterherhinkt. Sex ist etwas, was Spaß machen soll und was dazu da ist, die eigene Lust und Fantasie zu entdecken. Durch eine unzureichende Sexualaufklärung wie durch die Metapher der „Bienchen und Blümchen“ wird das Thema bereits in jungen Jahren mit Scham behaftet und eine unzureichende Aufklärung kann zu weitreichenden Konsequenzen führen. Eine sehr interessante These zu Sex Education kursiert um die Figur Lily. Lily weist sehr viele Merkmale auf, welche zum autistischen Spektrum klassifiziert werden können. Es scheint, als habe sie Schwierigkeiten im Bereich der sozialen Kompetenz und ihre Fixierung auf ein bestimmtes Themengebiet, in diesem Fall Aliens, spricht ebenfalls dafür. Außerdem ist sie eher eine Einzelgängerin und scheint viel Emotionales, was von ihrer Freundin Ola kommt, nicht gänzlich zu verstehen. Netflix hat diese Annahme nicht offiziell bestätigt. Allerdings ist es wichtig, dass Menschen der autistischen und ADHD- Community eine Repräsentation in den Medien erfahren, auch wenn dies nicht explizit in der Serie angesprochen wurde. Denkbar ist, dass Netflix dies bewusst machte, um ein stereotypisches „Schubladendenken“ zu vermeiden und eine Repräsentation ohne gezieltes Ansprechen zu bieten. Allerdings ist dies, wie gesagt, nur eine These. Also bildet euch gerne eine eigene Meinung dazu!


Von Carlotta Leitner

Bildnachweis: Sam Taylor/Netflix