Die Formel 1 ist nicht nur ein Autorennen, sondern auch ein Sport der kontroversen Superlative – unsere Autorin Celina verrät, was sie an den Rennen so fasziniert.

Wenn man möchte, kann man in der gesamten Sportwelt vor allem eine Sache sehen: eine Geldmachmaschine. Und F1 ist so, als hätte diese Geldmachmaschine noch Crystal Meth genommen. Alle Eigenschaften – gut und schlecht- sind hier bis ins Extreme ausgereizt.

Formel 1 wird häufig als ein wandernder Zirkus beschrieben, da alle 2 Wochen alles Equipment (also quasi eine ganze Werkstatt – zehnmal) einmal um die Welt geflogen werden muss, um zur nächsten Strecke zu gelangen – nur um dort 20 Fahrer 50 Runden mit bis zu 360 km/h gegeneinander fahren zu lassen.

Man könnte die Formel 1 also als perfekte Metapher für Kapitalismus, Ressourcenverschwendung, Umweltverschmutzung und Elitismus nehmen. Will ich aber gar nicht. Ich möchte über die andere Perspektive sprechen: die, eines Fans.

Seit ich klein bin, schauen meine Eltern am Wochenende F1. Ich persönlich fand das damals ziemlich öde, inzwischen finde ich es total gemütlich, sich einfach auf dem Sofa zusammenzurollen und gebannt zuzuschauen, wie sich Rennautos mit einer für die Augen nicht mehr erfassbaren Geschwindigkeit überholen – oder es zumindest versuchen. Aber warum genau finde ich das eigentlich gut? Warum löst dieser Sport so viele Emotionen in mir aus? Warum kann ich mich so über den Sieg einer fremden Person freuen?

Wie die meiste Unterhaltung, die wir konsumieren, ist auch F1 eine Art Realitätsflucht. Obwohl die Rennen echte Ereignisse sind, fühlt es sich doch eher wie ein Film an. Die Rennen werden nicht als eine Art Doku übertragen, sie sollen nicht informieren, sie sollen entertainen, begeistern – für nüchterne Informationen schaltet niemand jedes Wochenende mehrere Stunden ein. Aber genau dafür zahlen Firmen wie Rolex horrend hohe Werbegelder. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Regeln der F1 immer wieder angepasst werden: zum Beispiel um mehr Teams die Chance auf den Sieg zu ermöglichen oder um mehr Boxenstopps heraufzubeschwören, die immer gut für eine Überraschung sind.

Der Twitter-User Trevor Noah hat das einmal sehr passend formuliert: „better a controversial sport, than a boring one“. F1 hat nicht den Anspruch, moralisch zu sein oder die Gesellschaft besser zu machen. Im Gegenteil: F1 ist wie ein Hollywood-Blockbuster. Skandale, die unerwartete Allianzen hervorrufen, die sich genauso schnell wieder gegeneinanderstellen. Fahrer, deren Familien und die selbst alles riskieren – ohne Garantie auf eine Chance in der F1. Und solche, deren Platz aufgrund ihres Namens oder ausreichend Vermögen ein Geburtsrecht ist. Alte Fahrer, deren Träume auf eine Weltmeisterschaft unerreichbar scheinen Seite an Seite mit neuen Fahrern, denen alle Höhen und Tiefen noch bevorstehen. Skrupellose Teamchefs, die sich gegenseitig nicht das Haar in der Suppe gönnen und eine Chefetage, die vor allem den Profit im Sinn hat. Und Mechaniker, die die letzte Säule der Faszination liefern: das Auto. Ein F1- Rennwagen ist eine Vision dessen, was Menschen möglich ist. Eine Kumulation aus wahnwitzig hoher Finanzierung, Technik, Teamarbeit und Talent.

Formel 1 ist ein Sport der Superlativen. Auf der einen Seite ein abgebrühtes, kalkuliertes Milliardengeschäft. Auf der anderen Seite ein Sport, der nicht nur bei den Zuschauern, sondern auch bei den Teams viele Emotionen auslöst: für die Lieblinge, für die Underdogs, gegen die Rennleitung, gegen die anderen, ein Sport bei dem pure Freude und tiefe Enttäuschung gute Freunde sind. Falls ihr mich also nächsten Sonntag sucht, ich bin vor dem Fernseher und schaue das beste reale surreale Entertainment, dass man sich wünschen kann.

von Celina Eichhorn

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