Zum Gedenken an Malte C., der beim CSD in Münster auf brutale Art bewusstlos geschlagen wurde und später seinen Verletzungen erlag, hielt die SHG Trans-Ident e.V. Erlangen am Sonntag, den 4.9.22 eine Mahnwache. Zwei Tage nachdem Malte C. im Krankenhaus gestorben ist.

Wortführerin Josephine Taucher rief erst zu einer Schweigeminute auf und las dann ein Statement von Trans* Ident* Münster (mit ausdrücklichem Hinweis darauf, dass trotz des gleichen Namens keine Verbindung zur Gruppe aus Erlangen besteht) zum Fall Malte C. vor.

In Ihrer anschließenden Rede erinnerte Taucher an den Fall eines trans-Mädchens aus Herne, das im März Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Drei Jugendliche traten auf das Opfer ein, doch ihr Fall wurde nicht richtig bzw. rechtzeitig als transfeindliche Aktion eingestuft. Des Weiteren betont Taucher, dass Bayern das einzige Bundesland ohne Aktionsplan gegen Queerfeindlichkeit sei und hier noch dringender Handlungsbedarf herrsche.

Außerdem mahnte sie an, dass etablierte Medien, die seit Jahren im Feminismus aktiv sind, gegen die Akzeptanz von queeren Menschen seien und lediglich biologische Geschlechter berücksichtigen würden. Was sich Josephine Taucher diesbezüglich wünscht, lest ihr unten. Publizst:innen würden mit Unterlassungsklagen gegen queere Aktivist:innen vorgehen und so leide die Szene unter starker Repression.

Abschließend folgte noch ein Aufruf zum CSD Erlangen (ab 17.9., große Kundgebung am 1.10.) und nochmals eine Erinnerung an Malte C.

Am Rande der Veranstaltung hatte ich die Möglichkeit, drei Fragen an Frau Taucher zu stellen.

V: Du hast einen Aktionsplan angesprochen. Was wünscht du dir von der Landesregierung zum Thema Queer-Feindlichkeit?

Taucher: Der erste Schritt, der gemacht wurde, ist ein queeres Netzwerk zu schaffen, in dem Fachverbände und Ministerien mit drin stecken. Das ist ein guter Anfang, […] aber es reicht nicht aus. Wir brauchen im Bildungsplan eine Offensive, um queereThemen aufzunehmen, damit sie wirklich in den Lehrplanaufgenommen werden . Wir wünschen uns, dass externe Gruppen in die Schulen kommen können, die so etwas in der Regel besser darstellen können als „Standard“-Lehrpersonal, das im Studium nie etwas darüber gelernt hat. Wir müssen die öffentliche Debatte in den Griff kriegen, wir haben es bei der Berichterstattung immer noch sehr schwer, queerfeindliche Taten auch als Hassverbrechen zu deklarieren. Berlin meldet solche Fälle konsequent als solche, das macht Bayern z.B. nicht. […] Da ist auch eine CSU-Staatsregierung im Bundestag nicht förderlich, die alles blockiert, was in Richtung queer gemacht wird.

V: Siehst du die Gefahr, dass Fälle wir der von Malte öfter vorkommen können und wenn ja, woran machst du das fest?

T: Ich sehe diese Gefahr  auf jeden Fall. Das ist noch nicht der Wendepunkt. Der Aufschrei ist zwar da, aber noch nicht groß genug, dass jetzt endlich reagiert wird. […] Es ist nicht die Frage, ob es passiert, sondern nur die Frage, wann es passieren wird. Der öffentliche Diskurs verschärft sich immer weiter, wir haben das in den USA gesehen, in Großbritannien und in Teilen von Ost-Europa noch viel schärfer. Die sind uns ein paar Jahre voraus.

V: Was ist das Problem an etablierten, konservativen und feministischen Publizist:innen, in Bezug auf trans Rechte?

T: Das Problem ist, dass solche Gruppen trans Menschen fast vollständig ablehnen und da sehr viel auf Biologismen zurückgegriffen wird.Es wirdauf Definitionen zurückgegriffen, welche Geschlechtsteile für welche Menschen stehen. Da hätte ich gedacht, dass der Feminismus so etwas mittlerweile überwunden hätte, Menschen aufgrund ihrer Genitalien irgendwelche Bezeichnungen oder Rechte zuzuordnen. Ich würde mir wünschen, dass die Kämpfe, die Radikal-Feminist:innen und Queer-Feminist:innen führen zusammen führen, gegen das Patriachat. Es ist der gleiche Kampf, aber momentan reiben sich diese Gruppen gegenseitig auf und das zerstört, anstatt dass es etwas Produktives erschafft.

H: Das lässt nach außen hin ja auch keinen Zusammenhalt zeigen

T: Gar nicht. Das ist leider typisch.

Interview und Bericht: Henrik Hösch