Das Stück von Samantha Ellis beschäftigt sich damit, wie man denn “richtig” Feminist:in ist. Unsere Autorin Carlotta ist von der Inszenierung am Gostner Hoftheater begeistert.
Die Journalistin Kate (Johanna Steinhauser) erholt sich gerade von der Trennung von ihrem Macho Ex-Freund, aka ihrem Chef, als sie auf einer Party den feministisch erzogenen Steve (Matthias Eberle) trifft. Steve wuchs bei seiner Mutter im Greenham Common Women’s Peace Camp auf, einem Frauencamp aus den 80er Jahren, welches gegen die Stationierung von Nuklearwaffen protestierte. Steve fragt vor jedem Kuss um Erlaubnis, entschuldigt sich für das Patriarchat und hält die Ehe für ein Problem. Kate hingegen steht auf Lippenstift, Cupcakes und schwärmt für Emily Brontës Heathcliff. Er bezeichnet sich als Feminist, sie sich auch. Trotzdem sollte ein Mann sich manchmal nehmen, was er will, findet sie.
Zwei Welten prallen aufeinander und lassen eine unerwartete Liebe entstehen. Zwischen Heiratsanträgen, welche in einer Entschuldigung für das Patriarchat enden, und den darauffolgenden Vorbereitungen für die Hochzeit samt Treffen zwischen Steves feministischer Mutter und Kates konservativem Vater, ist die Hoffnung auf ein Happy End beinahe verloren. Doch vielleicht gelingt ein Zusammensein trotz grundverschiedener Prägung.
Was wie eine klassische Rom-Com beginnt, endet in einem bravourösen Theaterstück über die Kritik am Patriarchat. Regie führt Sarah Speiser, welche ein Physical Theatre-Studium absolvierte. Ihre Kenntnisse auf diesem Fachgebiet lässt sie auch bei der Produktion „How to date a Feminist“ durchblicken. Durch den spezifisch ausgewählten Soundtrack, welcher Kate Bushs Klassiker „Wuthering Heights“ beinhaltet, zeigt sie immer wieder Szenen, welche sich nur durch Körpersprache und ohne verbales Zutun auszeichnen. Ihre Verknüpfung von Physical Theatre mit Sprechtheater schafft fließende Übergänge von Szene zu Szene und lässt keinen Moment der Pause entstehen.
Sämtliche Rollen werden nur von den zwei Schauspieler*innen gespielt. Durch stereotypische Merkmale wie ein großes Strickkleid für die Mutter oder ein Trainingsanzug für den Exfreund ist es für die Zuschauer*innen kein Problem, in den zwei Schauspieler*innen mehrere Figuren zu erkennen. Durch diese leicht verständlichen Symbole schafft es die Produktion, lebhafte Bilder in den Köpfen der Zuschauer*innen entstehen zu lassen, ohne dies durch ein aufwändiges Bühnenbild (Jörg Zysik) zu beeinflussen. Partymusik im Hintergrund weckt Assoziationen an die vergangene Club-Nacht und lässt somit sofort erkennen, dass die gezeigte Szene vor einer Diskothek spielt.
Ein Kreislauf aus Konstruktion und Dekonstruktion ist das Thema, unter dem sich alles sammelt. Das Bühnenbild, die Beziehung von Kate und Steve aber auch die Projektionsflächen der anfänglich zugeteilten Rollen.
Die anfänglich determinierten Rollenbilder werden allerdings nach und nach aufgelöst. Dieser Wandel lässt sich auch auf geschickt gelöste Weise im Bühnenbild erkennen. Auf der Bühne stehen von Beginn an ein großes Sofa, ein Bett und verschiedene Kissen und Hocker. Alle bunt angesprüht und wild aufeinandergestapelt. Nach und nach wird das Sofa mal zum Tisch in einer Pommesbude oder zum Altar bei Hochzeiten. In der Szene in der sich die Eltern der Beiden das erste Mal Treffen – Superfeministin trifft auf Chauvi-Vater – wird das Bühnenbild nach deren anfänglichen Abneigung nach und nach abgebaut und symbolisiert deren beginnende Zuneigung trotz grundverschiedener Ansichten.
Die Autorin des Theaterstücks, Samantha Ellis, zeigt an überhöhten und stereotypischen Darstellungen von Figuren, wie absurd Erwartungen an Frauen und Männern heutzutage sind. Ein Mann darf auf keinen Fall wissen, was eine Frau vor dem Date im Bad macht, sie muss ja geheimnisvoll wirken. Außerdem muss der Mann unnahbar bleiben und sich nehmen, was er will, sonst verliert er seine Männlichkeit. Ellis spielt charmant mit diesen geschlechterspezifischen Klischees und der Frage, wie eine „echte“ Feministin zu sein hat.
Muss eine Feministin in Friedenscamps wohnen und sich nur alle zwei Wochen die Haare waschen? Oder kann auch eine Frau, welche sich nach Romantik und Heiratsplänen sehnt, eine Feministin sein? Samantha Ellis Theaterstück beantwortet diese Fragen mit Leichtigkeit. Feminismus hat in erster Linie die Gleichberechtigung der Frau und den Niedergang des Patriarchats zum Ziel und schließt alle Frauen mit ein. Ob eine Frau also für den Weltfrieden campen geht oder sich in Heathcliffs verliebt, ist dabei irrelevant. Samantha Ellis zeigt durch ihr Stück auf eine gelungene und moderne Weise „We (could) all be Feminist“!
How to date a Feminist von Samantha Ellis
am Gostnerhof Theater
Regie: Sarah Speiser
Bühne und Kostüm: Jörg Zysik
Besetzung: Matthias Eberle, Johanna Steinhauser
Dauer: 130 Minuten inklusive Pause
Karten unter: https://www.gostner.de/karten-und-abos/
von Carlotta Leitner
Beitragsbild & Bild im Text: Christian Vittinghoff