Drei Akte, drei Protagonist*innen, drei Geschichten. Eugen Onegin erzählt die Schicksale von drei jungen Menschen, die sich jeweils in die falsche Person verlieben.
Lenskij (Sergei Nikolaev) liebt Olga (Corinna Scheurle), aber die liebt nur das Leben. Tatjana (Tetiana Miyus) liebt Eugen Onegin (Samuel Hasselhorn), aber der hat Angst vor Bindung und bandelt daher lieber mit Olga an. Dass Tatjana und Lenskij sowie Eugen und Olga eigentlich viel besser zusammenpassen würden, geht in den Wirren des Liebestreibens verloren.
Im ersten und zweiten Akt geht es um Tatjana und Lenskij. Tatjana und Olga sind Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Olga liebt das Leben. Ihre Tage beginnen durch die ersten Strahlen der Sonne und enden durch das Glitzern des Mondes. Olga tanzt ausgelassen durch Ballsäle, flirtet mit Lenskij und gibt sich nicht den Sorgen hin. Tatjana steckt ihre Nase lieber in Bücher und versinkt in Tagträumen. Sie ist ein ernster Charakter, die aufgrund ihres Kummers nicht viel übrig hat für Feste.
Bei einem Besuch von Olgas Verehrer Lenskij lernt Tatjana den charmanten Eugen Onegin kennen und beteuert ihm in einem flammenden Brief sogleich ihre Liebe. Onegin weist diese jedoch zurück und stürzt Tatjana in eine tiefe Verzweiflung.
Eugen Onegin (Samuel Hasselhorn) und Tatjana (Tetiana Miyus). Foto: Staatstheater Nürnberg/Bettina Stoess.
Eugen will sich der Verantwortung des Lebens durch Heirat entziehen und versucht seinen Freund Lenskij durch Tanzen mit Olga eifersüchtig zu machen. Lenskij ist darüber so erzürnt, dass er Onegin zu einem Duell auffordert und bei diesem stirbt.
Im letzten Akt kehrt Onegin nach langen Jahren des Reisens zurück nach Russland. Dort trifft er erneut auf Tatjana, die nun aber mit Fürst Gremin (Nicolai Karnolsky) verheiratet ist und ihre neue gesellschaftliche Stellung hervorragend erfüllt. Onegin gesteht Tatjana seine nun erkannte Liebe zu ihr und auch Tatjana gibt sich ein letztes Mal ihren früheren Sehnsüchten hin. Am Ende steht sie vor der großen Frage, ob sie ihr erträumtes Leben mit Onegin beginnt oder ihrem Mann treu bleibt.
Eugen Onegin (Samuel Hasselhorn) erschießt Lenskij (Sergei Karnolsky). Foto: Staatstheater Nürnberg/Bettina Stoess.
Das Staatstheater hat es wieder einmal geschafft, mich völlig in den Bann zu reißen. Sobald die ersten Takte von Tschaikowski erklingen und Puschkins Verse auf einer Leinwand zu lesen sind, wird der Raum durch den Zauber der Oper ergriffen. Das Bühnenbild gibt den prächtigen Wohlstand der russischen Adligen wieder, aber weist auch zugleich auf das Zentrale der Oper hin: Das Gefühl. Die Bühne ist gefüllt mit Kunstrasen und bunten Blumen und gerade im ersten Akt passieren so viele parallel ablaufende Handlungen, dass die Zuschauenden direkt in den Strudel der Emotionen miteingezogen werden. Jede Figur der Oper ruft Empathie, Mitleid, Angst und Bedauern hervor. Tatjana tut einem Leid, weil ihre Liebe durch Onegin nicht erwidert wird. Zugleich besteht aber auch Verständnis gegenüber Onegin, da dieser Tatjana nicht verletzen will. Lewinski verdient zum einen Mitleid, aber auch Ärger aufgrund seiner irrational getroffenen Entscheidung eines Duells mit seinem ehemals besten Freund. Die Zuschauenden haben keine Zeit, sich von den vergangenen Schrecken wie Lewinskis Tod zu erholen, da der nächste Akt noch eine bedauernswertere Person bereithält.
Onegin entwickelt sich von einem charmanten Dandy zu einem traurigen Charakter, der die Chance auf Liebe nicht ergriffen hat und nun mit den Konsequenzen leben muss.
Dorffest mit Tatjana (Tetiana Miyus), Olga (Corinna Scheurle), Mutter Larina (Stefanie Schaefer) und Amme Filipjewna (Almerija Delic). Foto: Staatstheater Nürnberg/Bettina Stoess.
“Eugen Onegin” von Peter Tschaikowsky nach Alexander Puschkin
am Staatstheater Nürnberg
Regie: Armin Petras
Bühne: Julian Marbach
Kostüme: Patricia Talacko
Dramaturgie: Georg Holzer
Musikalische Leitung: Jan Croonenbroeck
Licht: Norman Plathe-Narr
Chor: Tarmo Vaask
Besetzung: Stefanie Schaefer, Tetiana Miyus, Corinna Scheurle, Almerija Delic, Samuel Hasselhorn, Sergei Nikolaev
Dauer: 170 Minuten mit Pause
Mehr Infos und Tickets gibt es hier.
von Carlotta Leitner
Beitragsbild/Bilder im Text: Staatstheater Nürnberg / Bettina Stoess