85.000 FLINTA+ Personen wurden im vergangenen Jahr, laut UN-Statistik, Opfer von Femi(ni)ziden. Ein Großteil starb durch die Hand des Partners oder der eigenen Familie. Die Gewalt an FLINTA+ Personen nimmt jährlich stark zu und stellt eine alltägliche Bedrohung für das Leben vieler dar. Hier findet ihr Bücher und Filme, die sich mit Gewalt an FLINTA+ und deren Diskriminierung auseinandersetzen. Wir wissen, dass Bücher und Filme nicht dazu beitragen, Femi(ni)zide zu verhindern. Sie können aber dazu beitragen, Femi(ni)zide und Gewalt an FLINTA+ Personen ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen und den Opfern eine Stimme zu geben.
Buchtipp: Autor*innenkollektiv Biwi Kefempom: Femi(ni)zide: Kollektiv patriarchale Gewalt bekämpfen. Berlin 2023.
BIWI KEFEMPOM (Akronym für „Bis wir keinen einigen Femi(ni)zid mehr politisieren müssen“) diskutiert und analysiert in ihrem Buch Femizide und Feminizide im deutschsprachigen Raum. Hierbei greift das Kollektiv auf die Daten von „Claim the Space“ zurück, ein autonomes feministisches Bündnis, welches nach jedem Femi(ni)zid eine Kundgebung für das Mordopfer organisiert. Die begriffliche Unterscheidung ist hierbei, dass es sich bei einem Femizid um die Tötung von Frauen, Lesben, inter, nichtbinäre, trans und agender Personen (FLINTA+) durch einen Mann handelt. Der Begriff Feminizide jedoch thematisiert zusätzlich die Bekämpfung von Femiziden. Hierbei geht es unteranderem um die Rolle von staatlichen Institutionen im Kampf gegen die Gewalt und schließt auch internationale feministische Kollektive in die Definition mit ein. Im Buch plädiert das Autor*innenkollektiv deutlich für die Negierung der weitläufigen Annahme, dass es sich bei Gewalt an Frauen um ein gesellschaftliches Randphänomen handelt und Femizide jeweils Einzelfälle sind. Femizide und Gewalt an FLINTA+ Personen sind ein Normalzustand, der in patriarchalen Strukturen besteht und durch gesellschaftlich als Norm anerkannte Familienideale und die starke hierarchische Trennung in binäre Geschlechterrollen entsteht. Das Autor*innenkollektiv zeigt aber auch, dass FLINTA+ Personen nicht nur durch die gewalttätige Handlung eines Anderen ermordet werden, sondern auch durch die Tatsache, dass der Staat die eben genannten Verhältnisse zulässt.
Filmtipp: Nur eine Frau
Der Film ,,Nur eine Frau‘‘ (2019) beginnt mit verschwommenen Aufnahmen einer Toten im
Leichentuch und den Worten ,,Das bin ich. Mein Bruder hat mich erschossen, im Februar 2005. Ich war ein Ehrenmord.‘‘ Die Film – Biographie nimmt dich mit in die Strukturen, Gedanken und die Welt, die vor dem Mord an Hatun Aynur Sürücü standen. Er erzählt von Zwang, Missbrauch, dem Streben nach Freiheit, Hass, von Liebe. Er zeichnet den Konflikt zwischen tiefer Sehnsucht nach Familie und der Gewalt und Gefahr, die von ihr ausgeht. Es geht um das Versagen von Behörden und verborgenen Parallelgesellschaften. Doch vor allem geht es um starke Frauen wie Aynur,
Melek, die im Film Evin heißt, deren Mutter, eine Mitarbeiterin vom Jugendamt und um Aynurs
beste Freundin.
Du findest den Film auf unterschiedlichen Plattformen und ich lege dir sehr ans Herz, dich auf ihn einzulassen.
Filmtipp: Die Berufung – Ihr Kampf für Gerechtigkeit. Die Geschichte von Ruth Bader Ginsburg
In einer Welt, die damals noch den Männern gehörte, schafft eine Frau es, sich zu behaupten
Mit Witz, Tiefe und Empathie, zeigt dieser Film entscheidende Lebensjahre der bekannten Anwältin Ruth Bader Ginsburg und einen ihrer wichtigsten Fälle. Der Film begleitet ihren Weg, die Entwicklung ihrer Familienmitglieder und Rollenbilder in einer bewegten Zeit. Der Film transportiert das Gefühl, in die jeweilige Zeit einzutauchen und einen Ausschnitt des Zeitgeistes zu erleben. Diese Ausschnitte reichen von Männern, die Ruth fragen, warum sie einem Mann den Platz an der Harvard Law School wegnimmt, bis zur Politisierung ihrer Tochter, die in den 70er Jahren demonstrieren geht. Allem voran aber werden in diesem Film Ruths eigene Entwicklung und ihre Herausforderungen beleuchtet, als Frau in einer männerdominierten Berufswelt zu bestehen. Der Film thematisiert ihre große Frustration, trotz Bestnoten keine Anstellung in einer Kanzlei zu finden. Das hat drei Gründe: Sie ist jüdisch, eine Frau und Mutter. Es wird gezeigt, wie sie ihren Weg bestreitet, der sie nur knapp an der eigenen Verbitterung über diese Widrigkeiten vorbeiführt. Doch dann stolpert Ruth über den Fall von Charles Moritz, in dem sie revolutionäres Potential sieht, weil hier ein Mann aufgrund seines Geschlechts diskriminiert wird. Gemeinsam mit ihrem Ehemann geht sie in diesem Fall in Berufung. Sie gibt trotz aller Hindernisse nie auf und schafft es schließlich, als erste jüdische und als zweite Frau überhaupt an den Supreme Court.
Ein inspirierender und ermutigender Film über eine Frau, die an Gerechtigkeit glaubt.
Von Carlotta Leitner, Madita Herget, Soga Then