Unser Autor deckt für uns auf, was ein fränkisches Dorf, Bratwurst und Glitzerpop alles mit der Newcomer Band Syn gemeinsam haben. Jannick war bei der Aufnahme des Live-Albums der TeilnehmerInnen des Erlanger Newcomer-Festivals 2024 in Haid dabei und entführt uns in die Welt von Syn!
Ein letzter rosa Himmelsstreifen legt sich unter einem dicken, grau-marmorierten Wolkenhimmel über die Dächer von Haid. Wer vermutet, dass in diesem fränkischen Dörfchen nahe Forchheim keine spannende Kultur zu finden ist, der irrt. Wobei man auch das Glück haben muss in das Dachgeschoss eingeladen zu werden, in dem sich heute eine Gruppe Menschen versammelt, um einen weiteren Schritt ihrer jungen Karriere zu gehen. Über eine Metalltreppe am Rande des Hauses geht man durch eine Tür in den länglichen Dachgiebel. Zwischen Holzsäulen und einem türkisenen Kachelofen verteilen sich Polstermöbel, Türme von Gerätekoffern, Verstärkern, Soft-Boxen und genug Snacks für eine ganze Großfamilie. Fred der Kameramann ist gerade angekommen und wird von der Gang herzlich begrüßt. Er ist heute für die visuelle Aufzeichnung zuständig, wenn die Band Syn ihr erstes Livealbum aufnimmt. Und das nicht mal 12 Monate nach ihrem ersten Auftritt im März 2024. Trotzdem sind die sechs Anfang-Mitte-20-Jährigen bereit dafür. Denn neben den halbwöchigen Proben hat Syn bereits 20 Auftritte absolviert und ordentlich Spielerfahrung gesammelt.

Foto: Fred Karpf (Instagram: @fredknipst)
Doch wie kam es dazu? „Die Band ist dadurch entstanden, dass ich Songs geschrieben habe, einmal in ein Studio gegangen bin und dafür haben wir Musiker gebraucht,“ erklärt die Frontsängerin Lina. „Dann habe ich durch eine Freundin zum Beispiel Joschka, kennengelernt. Mila auch. Und Carla, David und Yannik kenne ich schon seit Ewigkeiten. Wir sind zusammen ins Studio gegangen und haben ein paar Songs aufgenommen. Und ich habe gesagt‚ wenn wir das irgendwann live spielen sollten, wärt ihr da alle mit dabei?‘ Alle haben ‚ja‘ gesagt.“
Gelächter und Gesang erfüllen den Raum, dann ertönen die ersten Gitarrenklänge und langsam gehen die MusikerInnen ans Ende des Zimmers und nehmen ihre Instrumente auf. Ein Schlagzeug, ein Bass grooven sich ein, während sich die Sängerinnen auf ihre Performance vorbereiten. Während des Soundchecks rufen sich die Mitglieder Witze zu: „Wie geht’s dir eigentlich, Kollege Bratwurst?“
„Du willst mich doch gar nicht hören, du schaltest mich eh immer stumm!“
„Dann spielen wir jetzt Eiskalter Wind“ – „Eiskaltes Rind?“
Den Song Eiskalter Wind und die anderen Lieder des Albums, haben Syn schon am Erlanger Newcomer-Festival 2024 gespielt und die Menge zum Tanzen und Mitfühlen gebracht, wodurch sie den Jury-Preis gewonnen haben. Damit hatte Sängerin Lina selbst nicht gerechnet:
„Der Soundcheck lief ungünstig. Für mich zumindest. Und da wurde mir auch von näherstehenden Personen der Band gesagt: ‚Ich weiß nicht, ob ihr das gewinnt, das war jetzt nicht so geil.‘ Am Ende hats mich total gewundert, dass wir gewonnen haben.“ Der Preis, den sie mit nach Hause genommen haben ist eine professionelle Aufnahmesession in Nürnberg. Warum macht sich dann die Band die Mühe macht ihre Songs in diesem Setting aufzunehmen? Pianist Joschka erklärt: „Es ist so, dass das, was wir live spielen und das, was wir am Computer machen und als Album released wird, sehr unterschiedlich ist. Lina schreibt auf jeden Fall immer Text und Melodie. Und für das, was wir live spielen, kommt das Instrumental weitestgehend von uns, die die Instrumente spielen. Da lässt Lina uns sehr, sehr viel freie Hand. Bei den Sachen, die am Computer gemacht werden, ist das ein bisschen anders. Da ist es dann wirklich so, dass Lina eine klare Vision hat und klare Ansagen macht, wie sie sich das vorstellt.“

Lina, die auf Spotify bereits seit 2021 Lieder unter dem Namen $yn veröffentlicht, nennt ihren Stil „Glitzer-Pop“. Die Musik transportiert eine starke, feminine Energie und handelt oft von unglücklicher Liebe, aber auch von Themen wie Selbstmord und wie Musik verbinden kann. Dabei handelt es sich nicht um klischeehafte, repetitive Popmusik. Wer am liebsten Prog-Rock hört, mag Syn zu mainstream finden, aber die Musik weist ein befriedigendes Maß an Diversität und Dynamik auf, das einen schnell zum Mitviben bringt. Gitarrist Yannick steuert immer wieder verzerrte Grooves und geschmackvolle Soli bei. Auf dem Track Utopie spielt Pianist Joschka allein mit Lina und der Backing-Sängerin Karla und zaubert einem wundervolle Jazz-Akkordfolgen ins Gehör. Auf den tanzbaren Tracks machen dann Drummer David und Bassistin Mila wieder ordentlich Dampf. Ein poppiger, aber diverser Sound, der auch für Rock und Jazz Fans etwas bereithält. Bei der Live-Aufnahme des Glitzerpop-Albums (dessen Name und Release noch aussteht) gilt ein strenger Perfektionismus und Aufnahmen werden wegen Fehlern wiederholt, die einem ungeschulten Gehör niemals aufgefallen wären. Doch die jungen MusikerInnen bringen die nötige Disziplin auf, um die Session zu Ende zu bringen. Und so wird es ein langer Abend im schnuckeligen Haid.
Die Reportage entstand bereits im Januar 2025, erscheint aufgrund unveröffentlichter Releases allerdings erst jetzt.
Hier reinhören:
Spotify: https://open.spotify.com/intl-de/artist/5T6iwoNv4ESguEd3KJCuiF?si=OaVZgRD1TuqMzziZQPMlYw
Youtube: https://www.youtube.com/@yn-bm3rz
Jannick Tröbs