Endlich ist die “Ehe für Alle” da! Ein Kommentar:
Ganze 25 Jahre ist es her, als „250 homosexuelle Paare [Mit dabei auch Hella von Sinnen samt Freundin] bundesweit auf Standesämtern das Aufgebot zum Zwecke der Eheschließung“[1] beantragten – leider ohne Erfolg. Auch Volker Beck tritt seit genau dieser langen Zeit für die Gleichberechtigung von Schwulen und Lesben ein. Am Freitag wurde sein ein Vierteljahrhundert lang andauernder Kampf gegen Windmühlen endlich von Erfolg gekrönt und hat damit mehr Zeit in Anspruch genommen als mein gesamtes bisheriges Leben. Kein Wunder also, dass ihm bei einem Interview nach der Abstimmung die Tränen kamen. Mit diesen Emotionen war er nicht allein.
Auch ich wartete gespannt auf das Ergebnis und aktualisierte sekündlich meinen Browser. Um 9:12 war es dann soweit, das Ergebnis stand fest. „Bundestag sagt Ja zu Ehe für alle“[2], titelte die Süddeutsche. Ungläubig und voller Euphorie starrte ich in mein Mobiltelefon. Ich konnte es kaum glauben, dass es nun doch so schnell ging. Montag das Interview von Angie, am Freitag die Ehe für alle. Ein Traum wurde Realität, nicht nur für mich, sondern für unzählige Menschen in ganz Deutschland. Dabei will ich eigentlich gar nicht heiraten – bisher zumindest. Was ich allerdings will, ist das Recht dazu, so wie andere Bürger auch. Bei dieser Debatte geht es nicht um Sexualität, sondern um Gleichberechtigung. Ich habe die gleichen Pflichten und muss mich den gleichen Gesetzen unterordnen und muss ebenso viele Steuern zahlen wie heterosexuelle Bürger Deutschlands. Wieso also nicht heiraten? Nur weil ich lieber eine behaarte Männerbrust an meiner Seit habe, als eine barbusige Frau? Verbietet nicht eigentlich unser Grundgesetz eine solche Spaltung der Gesellschaft?
„(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt.“[3]
Deshalb frage ich mich, wieso galt selbiges nicht für die Liebe, die zwei Menschen zueinander empfinden? Wieso ist die Verantwortung, die ich für meinen Freund in unserer Beziehung übernehme, weniger wert als die, die ich einer Frau zeigen würde? Wieso wurden Homosexuelle so lange als Menschen zweiter Klasse behandelt? Wieso hat diese Diskriminierung so lange gedauert? Meiner Meinung nach ein wirklich absurder Umstand, für den es keinerlei gute Argumente zur Verteidigung gibt.
Das zeigt sich ebenfalls an den Antworten von Politikern, die sich gegen die „Ehe für alle“ positionieren. Häufig wurde beispielsweise behauptet, dass die Ehe unter besonderem Schutz stehe und deshalb nur für heterosexuelle Paare sei. Aber was soll uns diese Antwort überhaupt sagen? Dass ich mit der Heirat meines Freundes die Otto-Normal-Ehe bekämpfen würde? Was für ein Blödsinn!
Ebenfalls vertuschen Politiker ihre Intoleranz gerne damit zu behaupten, dass die Ehe dazu da sei, um eine Familie zu gründen, was bei Schwulen und Lesben bekannterweise nicht ganz easy ist. Aber was ist mit kinderlosen Paaren? Allen voran Frau Merkel, denn auch sie erfüllt diesen „Sinn und Zweck“ der Ehe nicht. Sollte nicht gerade das Oberhaupt einer Partei wie der Union als Paradebeispiel für eine Ehe im „christlichen Sinne“ dienen?
Doch zugeben, konservativ ist nicht gleich konservativ! Bestes Beispiel dafür: Dagmar Wöhrl. Schon seit einigen Jahren spricht sie sich für die Eheöffnung aus und begründet dies so:
„Ich unterstütze die “Ehe für alle” – Man nimmt damit niemanden etwas weg; gibt aber denen viel, denen diese Möglichkeit bislang verschlossen war!
Mir als Politikerin obliegt es nicht zu bewerten, wer jemanden liebt oder nicht. Ich habe aber den Auftrag, für gerechte Rahmenbedingungen zu sorgen.“[4]
Damit ist sie nicht allein, denn am Freitag stimmen weitere 74 Mitglieder der Union für eine fairere und gerechtere Zukunft Deutschlands ab. Viele Parteikollegen und -kolleginnen dürften davon weniger begeistert sein. Nicht wenige sehen sich selbst in der Opferrolle und fordern Toleranz für ihre diskriminierende und hinterwäldlerische Meinung. Doch gleichzeitig soll dann gegen die Ehe für alle geklagt werden. Eine Doppelmoral, die zur Union wie die Faust aufs Auge passt. Toleranz fordern, aber selbst nicht zeigen. Bravo!
Eine Klage gegen die Gleichberechtigung von Menschen? Dazu fehlen sogar mir die Worte. Also bleibt mir nur eins: Die Freude auf den ungläubigen Gesichtsausdruck meiner Enkelkinder, wenn ich ihnen in etlichen Jahren erzähle, dass Opa und Opa als sie jung waren noch nicht heiraten durften, und das nur wegen einer Partei, deren Wähler dann schon lange ausgestorben sind.
Stay pride!
Von Christoph Wusaly
[1]https://www.rbb-online.de/politik/beitrag/2017/06/ehe-fuer-alle-bundestag-abstimmung-freitag.html
[2]http://www.sueddeutsche.de/news/leben/gesellschaft-bundestag-sagt-ja-zu-ehe-fuer-alle-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-170630-99-55581
[3] https://dejure.org/gesetze/GG/3.html
[4]https://www.facebook.com/dagmar.wohrl/posts/435728633264925