Wenn ich mich vorstellen darf: “Ohne” ist mein Name, “Eine Woche Ohne”. Und ich bin die neue Rubrik in der V.

 

Tapfere Redakteure stellen sich einer gewaltigen Herausforderung, die Abwechslung in unser konsumorientiertes Leben in der Überflussgesellschaft bringt: Verzicht, für genau eine Woche. Dabei streichen wir nicht alles “Luxuriöse” aus unserem Alltag. Nein! Wir suchen uns eine ganz bestimmte Sache aus und versuchen, eine Woche ohne ebendiese auszukommen. Für die Premiere haben unsere Versuchskaninchen 7 Tage lang auf Plastik verzichtet.

 

Motivation: Warum ohne Plastik?

Plastik ist aus unserem Leben fast nicht mehr wegzudenken. Es ist leicht, flexibel und vielseitig einsetzbar und man kann es bunt einfärben. Klingt toll, oder? Prominente Bilder von Plastikmüll im Ozean zeigen uns: Wir haben ein Problem! Schätzungen zufolge gelangen knapp 9 Millionen Tonnen Plastikmüll pro Jahr in die Weltmeere, mit fatalen Folgen für Flora und Fauna. Aber warum landet der Plastikmüll in den Meeren? Die Verwertung von Plastik ist mit extremen Schwierigkeiten verbunden: Die Verbrennung ist toxisch, die Säuberung zur Wiederverwendung ist zu teuer und unwirtschaftlich, die Zerlegung in seine Rohstoffe ist technisch kompliziert und  aufwendig. Kompromisse sind hier scheinbar unauffindbar. Das Plastik bahnt sich seinen Weg in die Meere hauptsächlich durch schlecht funktionierende Abfallsysteme – aus den Augen, aus dem Sinn.

Hinzu kommt, dass der gängigste Ausgangsstoff für die Herstellung von Kunststoffen der fossile und immer knapper werdende Rohstoff Erdöl ist, bei dessen Förderung ebenfalls meist enorme Umweltschäden entstehen.

Häufig kennen wir gar nicht das Ausmaß unseres Konsums: Die meisten alltäglichen und aufbrauchbaren Produkte sind in Plastik verpackt. Vor allem Lebensmittel müssen gewisse Hygienestandards erfüllen, die durch die Verpackung scheinbar realisiert werden sollen. Wir kaufen teilweise Plastik, das in Plastik verpackt ist, das wiederum in Plastik verpackt ist, welches mal für einen Transport in Plastik verpackt war, das wiederum in Plastik….

Dabei stellt sich die Frage: Geht es nicht auch ohne?!

 

Spielregeln

  • Kein (neues) Plastik kaufen! Auch nicht als Verpackung…
  • Möglichst wenig Plastik verwenden (z. B. Gebrauchsgegenstände, die man bereits besitzt)
  • der Allgemeinheit zur Verfügung Gestelltes ist erlaubt (Öffis etc.)

     

Erfahrungsbericht

In der Vorbereitung des Versuchs gingen wir davon aus, die Schwierigkeit würde hauptsächlich in der richtigen Organisation liegen, nicht aber darin, eine ganze Woche durchzuhalten: Wir starteten den Versuch mit einer großen Shoppingtour und machten erste Erfahrungen damit, was es bedeutet, plastikfrei einzukaufen.

Schnell merkten wir, dass sich manche Dinge gut ersetzen lassen, wie Shampoo und Zahnpasta. In einem ‘Ökoseifenladen’ in der Nürnberger Innenstadt können wir alles finden, was wir zur Körperpflege benötigen. Gemüse und Obst konnten wir zu unserer Erleichterung in manchen Läden unverpackt vorfinden.

Andere Dinge allerdings sind kaum oder überhaupt nicht ersetzbar.

Butter und Magarine beispielsweise sind immer in Plastik verpackt, ebenso gibt es bei Reis und Brot meistens ein durchsichtiges “Plastikfenster” in der Papierverpackung. Bei Nudeln fanden wir nur eine einzige Marke, deren Verpackung unseren Ansprüchen entsprach.

Bei einigen Dingen mussten wir das Plastik in Kauf nehmen: Im Deckel von Gläsern und Flaschen stecken eigentlich immer kleine Dichtungsringe aus Gummi. Hygieneartikel (Klo- und Küchenpapier, Taschentücher etc.) gibt es auch nur in Plastikverpackung – schade.

Auf fast allen Produkten, die man kaufen kann, sind Etikette aufgeklebt, und zwischen Kleber und Plastik gibt es chemisch kaum einen Unterschied.

So zeigte sich recht schnell, dass ein vollkommener Verzicht eigentlich unmöglich ist. Gleichzeitig war die Woche unerwartet anstrengend: Brot ohne Butter, kaum Variationsmöglichkeiten, jedes mal die Frage: Darf ich das essen?

Für Vegetarier und Veganer stellt sich zudem die Herausforderung, dass nahezu alle Ersatzprodukte, von Tofu über Hafermilch bis zum veganen Eiersatz, in Plastik verpackt sind. Als Folge dessen entdeckten wir gezwungenermaßen erneut unsere Leidenschaft für Milch in Glasflaschen und für Eier in Pappkartons.

Am Ende der Woche kristallisierten sich zwei Wege heraus, um die Plastikfreiheit möglichst konsequent umzusetzen: Möglichst viel zu Hause und Selbstgekochtes essen oder möglichst wenig essen (aber ob das so gut ist?!).

 

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, das ein vollkommener Verzicht auf Plastik im Alltag wohl kaum umzusetzen ist. Plastik, vor allem in Form von Verpackungen, ist omnipräsent, sodass eine Reduktion sowohl gute Organisation als auch ein großes Durchhaltevermögen voraussetzt. Durch eine gute Planung lässt sich dennoch viel Plastik einsparen, vor allem, wenn man Angebote wie plastik- oder sogar müllfreie Supermärkte nutzen kann, welche zurzeit vereinzelt aus dem Boden sprießen.

Wie bereits angesprochen erwuchs unsere Motivation für den Versuch aus der Problematik des Plastikmülls: Plastikmüll kann nicht natürlich abgebaut werden, verdreckt somit die Umwelt und findet in Form von Mikropartikeln auch den Weg in die Körper von Pflanzen, Tieren und Menschen. Zudem hängt die Produktion von Erdöl ab, einem ebenfalls in der Förderung teilweise umweltschädlichen und zunehmend knapper werdenden Rohstoff.

Ließe sich dieses Problem nicht auch oder vor allem von Seiten der Produzenten lösen? Längst wird an alternativen Konzepten geforscht, um Plastik umweltverträglich(er) zu machen. Wieso nicht auf einen größeren Wertstoffkreislauf setzen (Stichwort Recycling)? Wieso nicht biologisch abbaubares Plastik auf pflanzlicher Basis verwenden? Könnte die Umweltproblematik so nicht gelöst werden?

Dennoch muss uns klar sein: Die Verantwortung für unseren Konsum dürfen wir nicht auf die Produzenten abschieben. Viel unnötiger Müll lässt sich vermeiden, indem man etwas bewusster konsumiert. Schließlich werden die Produzenten ihr Sortiment nur dann umweltfreundlich gestalten, wenn der Bedarf danach deutlich kommuniziert wird und es eine ausreichende Nachfrage gibt.

 

Tipps     

  • Nimm nicht das erstbeste Produkt, sondern sieh dich nach plastikfreien Verpackungen um. Dauert keine 2 Minuten, bringt aber viel.
  • Vermeide alles mit “To Go” im Namen.
  • Verwende Glasflaschen oder Mehrweg.
  • Schrecke nicht vor plastikfreien Alternativen zurück! Es lohnt sich in jedem Fall: ideell, ökologisch und manchmal sogar finanziell.
  • Nimm Secondhand und Upcycling als nachhaltige Trends wahr.

 

von Anna-Luisa Römling und Eric Hartmann