Nachdem sie schon Teil 1 der 365-Tage Filmreihe für uns auseinandergenommen hat, hat sich unsere Autorin Celina jetzt auch Teil 2 vorgeknöpft. Fazit: es wird einfach immer absurder.

Findet Celinas Eindrücke zu Teil 1 der Filmreihe hier.

*Seufz* Es gibt einen zweiten Teil von 365 Tage. Und der ist genauso kreativ, wie der Name suggeriert: „365 Tage – dieser Tag“. Ein Film, dessen Titel drei Wörter enthält, wobei sich zwei wiederholen, kann mich ja nur aus den Socken hauen.

Kurzer Recap: Der erste Teil – „365 Tage“ – handelt von der polnischen Frau Laura, die von dem Mafiaboss Massimo entführt wird, 365 Tage Zeit hat, um sich in ihn zu verlieben, Stockholm Syndrom entwickelt und sich mit diesem verlobt. So weit, so Pornoversion von „Die Schöne und das Biest“. Außer, dass Belle tatsächlich interessante Charaktereigenschaften hat. Die ehemalig erfolgreiche Business Frau Laura hingegen kann am Ende des Filmes nur noch a) Einkaufen oder b) Sex haben. Mein feministisches Herz geht auf.

Am Ende des ersten Filmes wirkt es so als wäre Laura bei einem Attentat umgekommen. Am Anfang des zweiten Filmes wirkt es so als wäre das dem Regieteam ziemlich egal, denn das hat schließlich wichtigere Szenen zu drehen. Sieben Sexmontagen in den ersten 45 Minuten um genau zu sein. Das ist aus mehreren Gründen vorteilhaft. Erstens werden die Gesamtminuten der furchtbaren schauspielerischen Leistung dadurch deutlich reduziert. (Ich bin mir nicht sicher was zuerst kam: die Idee, die Hälfte des Films nur Sexszenen zu zeigen oder Schauspieler*innen einzustellen, die das kollektive Schauspieltalent einer Kartoffel haben). Zweitens ist der Sex (im Gegensatz zum ersten Teil!!!) offensichtlich einvernehmlich und die Partner sind gleichberechtigter. Drittens hat der Film in dieser Zeit zwar keine Handlungsstränge, das ist den sehr fragwürdigen Handlungssträngen aus dem ersten Teil aber durchaus vorzuziehen.

Die erste Hälfte des Filmes ist vor allem eins – kurios. Lauras beste Freundin ist aus dem Nichts mit dem neuen Handlanger von Massimo zusammen (und weil Netflix ein großer Fan von Gleichberechtigung ist, kriegen wir auch hier zwei Sexszenen – jippie). Ich verstehe immer noch nicht warum Massimo und Laura überhaupt geheiratet haben, sie reden entweder gar nicht oder streiten. Es gibt eine Szene bei der Laura auf dem Golfplatz ihre Vagina anstelle des Lochs für den Golfball zur Verfügung stellt. Wie ihr seht – manche Szenen sind durch ihre Absurdität tatsächlich witzig, allerding fühlt sich der Film im Großen und Ganzen wie ein Déjà-Vu an. Über jeder Szene liegt der gleiche übersättigte Instagramfilter, die Charaktere sind immer (auch nach dem Aufwachen) perfekt gestylt und die Lieder klingen als wären sie von einer KI erstellt, die sich alle „Twilight“, „After“ und „Fifty Shades of Grey“ Filme anschauen musste. Das erste Lied heißt übrigens: 365 Days. Kein Witz.

Während der erste Teil ziellos vor sich hintümpelt, eskaliert der zweite richtig. Laura beobachtet, wie Massimo mit einer blonden Frau auf einem Maskenball verschwindet, verfolgt die beiden und erwischt ihn beim Fremdgehen. Völlig aufgelöst läuft sie in die Arme ihres Gärtners, den wir 10 Minuten vorher kennenlernen durften. Über ihn muss man nur eins wissen: er heißt Nacho. Und IM GANZEN FILM WIRD DAS NICHT THEMATISIERT. Das war die erste interessante Information in diesem ganzen Film! Ich bin immer noch enttäuscht.

Ohne mit Massimo noch einmal ein klärendes Gespräch zu führen (Kommunikation können sie) verschwindet Laura mit besagtem Gärtner auf dessen Privatinsel. Jetzt denkt man vielleicht: wie kann der sich das leisten? Laura (Ehrenfrau!) fragt für uns direkt mal nach. Er wird sauer und fragt sie wie sie es wagen kann, so undankbar zu sein, nachdem er ihr gegenüber so zuvorkommend war. Daraufhin zeigt Laura ihm den Vogel, bucht den nächsten Flug und bewirbt sich mit ihrem akademischen Grad bei einer Top Bank und wird dort Head Bitch. Spaß. Aber schön wärs schon gewesen. Sie entschuldigt sich für ihre OFFENSICHTLICH dumme Frage und darf seine Schwester kennenlernen.

Spätestens nach dieser Interaktion bin ich überzeugt, dass der Cast eigentlich Pornodarsteller*innen sind. In keinem Film auf der Welt verhalten sich Geschwister so angesext zueinander. Das kann NUR auf PornHub Sinn ergeben. Und im Gegensatz zum Rest des Casts wurden Nacho und seine Schwester neu gecastet. Niemand hat den Produzent gezwungen dermaßen schlechte Schauspieler*innen einzustellen. Der liegt irgendwo und lacht sich tot.

Nach unendlichen sexuellen Höhenpunkten, kommen wir nun endlich auch zum geschichtlichen Höhepunkt des Films. Der Gärtner – Überraschung, Überraschung – ist der Sohn eines Mafiabosses, der gegen Massimos Expansionen vorgehen möchte. Und der Vater von Nacho ist der Höhepunkt der Komik. Seine Darstellung eines Mafia Bosses hat so viel mit dem Paten zu tun wie „Traumschiff Suprise“ mit „Raumschiff Enterprise“. Ab diesem Zeitpunkt krieg ich nur noch die Hälfte mit, weil ich dauerhaft hysterisch über was auch immer er da versucht darzustellen, lachen muss.

Nacho sollte Laura verführen, damit seine Familie sie gegen Massimo benutzen kann. Blöd nur, dass Massimos böser Zwillingsbruder und Massimos Exfreundin andere Pläne mit Laura haben.

Jup. Ihr habt richtig gehört. Das ist der große Plottwist. EVIL TWIN. Ich fasse es immer noch nicht.

Massimo hat Laura nicht betrogen, das war sein Zwillingsbruder. Wenn es nur eine Möglichkeit gegeben hätte, dass schon früher zu wissen. Ach ja – SIE HÄTTE MAL MIT IHREM MANN REDEN KÖNNEN.  Massimo und Nacho verbünden sich und es kommt zu einem Kampf zwischen Team Bauchmuskeln und Team Psychopathen. Massimos Zwillingsbruder und die Exfreundin werden erschossen und Laura liegt mit Bauchschuss in Massimos Armen. Nacho verschwindet einfach.

Die Zuschauer werden also mit der spannenden Frage zurückgelassen, ob Massimo und Laura noch ihr Happy End nach ewigen Hürden bekommen. Und ich stelle mir die Frage, warum dieser Film überhaupt existiert. Also nicht nur weil die Existenz des ersten Films schon als Paraodieprojekt von Netflix durchgeht, sondern auch weil die Ereignisse des zweiten Teils vollkommen irrelevant für den dritten Teil sind. Lauras möglicher Tod war schon der Handlungsstrang am Ende des ersten Teils. Alle neuen Charaktere sind entweder tot oder mit gebrochenem Herzen schmollend verschwunden. Und es gab keine charakterliche Weiterentwicklung. Man kann also sogar, wenn man Interesse an der Franchise hat, getrost den zweiten Teil überspringen und direkt den dritten Film weiterschauen.

Meine Hoffnung für den dritten Teil ist Lauras Emanzipation. Sowohl im ersten als auch im zweiten Film beschwert sie sich immer wieder, dass sie gerne eine Aufgabe hätte. Massimo kauft ihr daraufhin eine eigene Modemarke. Wegen mir können sie ja die Hauptmotive – Sex und fehlende Kommunikation – beibehalten, aber wenn die gute Laura im dritten Teil nochmal fast stirbt, soll sie diesmal auch tot bleiben.

von Celina Eichhorn

Beitragsbild: unsplash (Deon Black)