Über der Inszenierung von “Der Märchenprinz” ist ein Disney-Knallbonbon explodiert, und bringt knallig-bunten Spaß mit. Zum Glück gibt es die gute Fee, die den Prinzen mit der Nase darauf stößt, dass er gar keine Prinzessin heiraten will, sondern seinen besten Freund!
Sonst geht das Märchen ja ungefähr so: Mädchen trifft Prinzen. Oder Prinz auf Mädchen. Oder Prinzessin auf Jungen. Irgendwer trifft jedenfalls wen, und es gibt Probleme. Manchmal mangelt es an Stand und Titeln oder Reichtümern, manchmal grätschen biestige Stiefmütter dazwischen, böse Zauber oder hundertjähriger Tiefschlaf, vergiftete Äpfel, verlorene Schuhe, et cetera et cetera. Fest steht, dass diese Hindernisse am Schluss zugunsten eines Happy Ends überwunden werden, die Prinzessin wird gerettet, oder der Prinz findet seine Geliebte, Hauptsache, am Ende wird Hochzeit gefeiert und sie leben glücklich bis an ihr Lebensende.
Dramaturgin Wiebke Hetmanek schreibt in “Der Märchenprinz” jetzt das Märchen des Aschenputtel neu. Hauptperson ist nun der Prinz, dessen Vater ihn unter die Haube bringen will, damit er und seine Königin endlich in Rente gehen können. Seokjun Kim als schusseliger König präsentiert mit viel mentaler Vorbereitung und mit tatkräftiger Unterstützung seiner wohlwollenden Königin, gespielt von Veronika Loy, seinem Sohn diesen Beschluss.
Prinz Ramiro (Joohoon Jang) aber ist von der Idee zu heiraten nicht begeistert. Ihm ist es viel wichtiger, mit seinem besten Freund Dandini (Kabelo Lebyana) den perfekten Papierflieger zu kreieren. Das ist ein Ziel, hinter dem auch das junge Publikum mit Begeisterung steht. Trotzdem bleibt es ihm nicht erspart, einer Reihe von Prinzessinnen vorgestellt zu werden. Die Figuren dafür hat sich Hetmanek in ihrer Fassung aus anderen Opern ausgeliehen. Sie treten als diverse Disney-Prinzessinnen auf, zum Beispiel als Belle aus “Die schöne und das Biest”, als Cinderella, und Aurora aus “Dornröschen” erhält einen Auftritt als Gamerin, der mit Jubel gefeiert wird.
Schnell ist klar: das wird nichts, die Prinzessinnen und der Prinz passen nicht wirklich zueinander. Nur Dandini kann seinen Freund Ramiro aus dieser Klemme retten und ihm wieder ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Zusammen mit ihrer gemeinsamen Freundin, dem Hausmädchen Angelina, machen sie sich wieder ans Flieger basteln.
“Was?!” ruft das junge Publikum sichtlich überrascht, als Prinz Ramiro schließlich verkündet, er wird Angelina heiraten. Er kennt sie schon lange und sie erfüllt so in etwa seine Ansprüche einer idealen Frau – win-win, oder? Doch sie weist ihn ab, mit dem Hinweis, dass sie und Ramiro sich nicht lieben. Ob er denn noch nicht erkannt hätte, dass er eigentlich seinen besten Freund Dandini liebt?
Joohoon Jang als Ramiro und Kabelo Lebyana als Dandini zeigen den Inbegriff einer innigen Freundschaft, die zu mehr wird. Ob geheimer Handschlag, freundliches Papierflieger-Battle, oder wunderschönes Treueschwur-Duett, die beiden Hauptdarsteller beweisen eine begeisternde Chemie. Ihre Liebe wird von König und Königin mit weiten Armen herzlich empfangen – Dank sei der guten Fee, dass sie die beiden besten Freunde zusammengebracht hat!
Mit einer gehörigen Portion schelmischem Chaos, knallig-bunter Disney-Optik und einer Mitmach-Sequenz gibt es in den sechzig Minuten von “Der Märchenprinz” keinen einzigen langweiligen Moment – Happy End garantiert.
Der Märchenprinz von Wiebke Hetmanek, mit Musik aus “La Cenerentola” von Gioacchino Rossini in einer Bearbeitung für ein Kammerensemble von Samuel Bächli
am Staatstheater Nürnberg
Musikalische Leitung: Andreas Paetzold, Chiara Casarotto
Regie: Annika Nitsch
Bühne, Kostüme: Linda Siegismund
Dramaturgie: Wiebke Hetmanek
Licht: Thomas Märker
Besetzung: Seokjun Kim, Veronika Loy, Joohoon Jang, Kabelo Lebyana, Sara Šetar, Staatsphilharmonie Nürnberg
Dauer: 1 Stunde
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von Svenja Plannerer
Fotos: Staatstheater Nürnberg/Ludwig Olah