Neue Leute ganz privat in ihren eigenen vier Wänden kennen lernen und dabei auch noch kulinarisch verköstigt werden: Unsere Autorin hat dieses einladende Event ausprobiert.
Auf den ersten Blick klingt das Prinzip des Erlanger ‘Laufgelages’ sehr einladend: Nachdem man 3 verschiedene Gänge, von denen jeweils einer selbst vorbereitet ist, bei unterschiedlichen Gastgebern und mit jeweils 4 neuen Mitgästen genießen durfte, öffnen zum krönenden Abschluss auch noch viele Clubs & Bars kostenlos ihre Tore für die Teilnehmer/innen und laden ein zu Tanz & Trunk.
Ein rundum gelungener Abend. Das stellt man sich zumindest vor, wenn man einen von den bunten Flyern des Laufgelages in die Hände kriegt. Doch die Teilnahme an diesem tollen Event verlangt auch einiges an Arbeit, guter Planung und vor allem gelungener Kommunikation.
Gerade die Frage, wie viel Alkohol man für das eigene Team und die Gäste anlässlich des bevorstehenden Gangs einkaufen sollte, birgt Potential für Konflikte innerhalb des Koch-Teams, da es durchaus vorkommt, dass unterschiedliche Auffassungen darüber bestehen, ob es beim Laufgelage eher ums „bechern“ oder ums abschmecken geht.
Klar ist: Viele der Teilnehmer/innen setzen in Bezug auf diese Unterscheidung einen klaren Schwerpunkt. Manche verzichten beispielsweise auf eine aufwendige Vorbereitung, halten das Gericht einfach & spezialisieren sich eher in puncto flüssige Kommunikation durch genügend (alkoholische) Getränke.
Andere wiederum versuchen den so genannten „Goldenen Kochlöffel“ zu gewinnen und setzen ihren Fokus beim Laufgelage gezielt auf ein ausgefallenes Rezept und hochwertige Produkte sowie aufwendige Vorbereitung. Dann noch ein schnelles Foto und fertig ist das stolz auf Facebook zu veröffentlichende köstliche Werk.
Für einen gelungenen Abend ist es von Vorteil, eine/n Partner/in zu haben, der/die sich möglichst für eine der Seiten „Es wird ordentlich gebechert!“ oder „Ich mache eine Ziegenkäse-Feigen-Birnen-Tarte zum Dessert“ entscheidet, die man selbst auch bevorzugt, um eventuelle Streitigkeiten zu vermeiden.
Da in keinem der Flyer genau erwähnt ist, welche der beiden Richtungen man am besten einschlagen sollte und was die anderen Teilnehmer der Erfahrung nach vielleicht am ehesten erwarten, ist man bei dieser Frage sich selbst überlassen und selbstverständlich ist dann da auch noch der finanzielle Aspekt, welcher zu bedenken ist. Denn eine Ziegenkäse-Feigen-Birnen-Tarte kostet den Normalo-Studenten eben deutlich mehr als Billig-Fusel und Spaghetti.
In jedem Fall birgt die Teilnahme am Laufgelage einen riesigen Batzen an Input, der sowohl zur persönlichen Entwicklung als auch zur Verbesserung der eigenen Koch- und Gastfreundlichkeits-Skills beitragen kann. Außerdem ist es total beeindruckend zu sehen, wie nach Beendigung des ersten Gangs auf einmal die Straßen vollgestopft sind von grinsenden, leicht angetrunken wirkenden, jungen Menschen auf Fahrrädern, die wahrscheinlich gerade auf dem Weg zur nächsten Verköstigung sind.
Besonders für Studenten ist es eine tolle Möglichkeit, aus dem normalen fach-simplen Uni-Trott herauszukommen und mal einen komplett anderen Abend zu verbringen. Denn wann sonst verbinden sich schon so viele Wissenschaftsfächer wie Sport und Ernährungswissenschaften, Soziologie, Psychologie und Ökonomie zu einem sozialen Experiment? Nur beim Laufgelage.
von Johanna Ernst