Horror trifft auf schwarzen Humor in diesem Graphic Novel, in dem der gewöhnliche Mr. Talbot ins gewöhnliche Dorf Innsmouth zieht. Alles ist ganz normal! Oder…?

 

Das Graphic Novel „Nur wieder das Ende der Welt“ von P. Craig Russell, das auf einer Kurzgeschichte von Neil Gaiman basiert und von Troy Nixey und Matthew Hollingsworth illustriert wurde, erzählt vom Leben des eher gewöhnlichen Lawrence Talbot, der in den kleinen Ort Innsmouth zieht, um dort ungestört allein zu sein. Ganz so gewöhnlich ist er dann jedoch nicht, denn die Storyline des Graphic Novels beginnt nach einer seiner monatlichen Verwandlungen zum Werwolf. Und auch der so unscheinbare Ort Innsmouth scheint ein düsteres Geheimnis zu hüten.

Erbrochenes, Blut, abgehakte Finger, tote Tiere: dieses Graphic Novel ist nichts für sachte Gemüter. Wer allerdings auf psychische Thriller in Kombination mit ein bisschen Horror und Übernatürlichem steht, wird bei dieser Kurzgeschichte definitiv belohnt. Der Plot startet relativ unvermittelt direkt in der Handlung. Wer nach Erklärungen oder Hintergrundinformationen des Hauptcharakters sucht, wird diese nicht finden. Für etliche Referenzen und Formulierungen in dem Buch ist es auch definitiv empfehlenswert, das Glossar am Ende des Novels aufzusuchen – das hat mir am Ende manche Dinge deutlich verständlicher gemacht.

Allerdings ist es auch faszinierend, eine Geschichte zu lesen, die nicht auf Anhieb vollkommen selbsterklärend und logisch ist. Bis jetzt habe ich den Sinn zweier Charaktere nicht verstanden, und warum war ausgerechnet der Werwolf so ein gutes Opfertier und nicht ein anderes Tier oder Fabelwesen?

Ich habe die gut 52 Seiten in einem Zug gelesen, weil das Graphic Novel so spannend war, dass ich es nicht zur Seite legen mochte. Ein bisschen traurig bin ich ja schon, dass es keine Fortsetzung gibt. Ich hätte gerne erfahren, wie es mit dem so gewöhnlichen, aber doch irgendwie sehr ungewöhnlichen Mr. Talbot weitergeht. Vielleicht, weil er ein Charakter ist, dessen Gedankengänge und Emotionen gut nachvollziehbar sind, weil sie einfach einen vom Leben gezeichneten Menschen darstellen, der versucht, vor dem Alltag zu fliehen.

Da ich mit einigen von Neil Gaimans Texten vertraut bin, habe ich angefangen, das Graphic Novel zu lesen, mit der Erwartung, eine spannende, aber auch unterhaltsame und groteske Geschichte mit schwarzem Humor vor mir zu haben. Diese Erwartungen wurden auf keinen Fall enttäuscht. Der schwarze Humor brachte mich an so einigen Stellen zum Schmunzeln – oder auch zu dem verzweifelten Gedankengang: „Oh mein Gott, warum habe ich jetzt darüber gelacht?!“ Im positiven Sinne, versteht sich.

Alles in allem ist es eine gelungene Kurzgeschichte, kombiniert mit einem sehr interessanten, außergewöhnlichen und schönem Zeichenstil von Troy Nixey und Matthew Hollingsworth. Jedem Horror-, Comic- und Thriller-Fan würde ich diese Lektüre auf jeden Fall empfehlen. Die Wortspiele, Andeutungen und versteckten Hinweise sind zwar teilweise schwierig zu erkennen, aber mithilfe des Glossars schnell zu enträtseln. Außerdem ist es auch im Nachhinein spannend, mit dem Wissen aus dem Glossar die Geschichte erneut zu lesen und aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

Für alle, deren Interesse das Buch geweckt haben sollte: es ist im Dantes Verlag erschienen und ihr könnt euch hier ein Exemplar bestellen.

 

von Vanessa Pohl

Beitragsbild: © 2021 Dantes Verlag und Neil Gaiman; Illu. Troy Nixey/Matthew Hollingsworth