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Die Welt trauert um Vivienne Westwood. Am 29. Dezember 2022 verstarb die bekannte Designerin im Alter von 81 Jahren. Popularität und weltweite Anerkennung erlangte sie in den 70er-Jahren vor allem durch ihren prägenden Einfluss auf die damals entstehende Punk-Mode. Es begann eine Erfolgsgeschichte, die bis heute anhält. Westwoods Mode ist auch abseits der High Society der Fashionindustrie in aller Munde. So feierten in jüngster Zeit einige Trendstücke aus vergangenen Kollektionen ein überraschendes Comeback. So rückte die Generation Z über TikTok und Co. beispielsweise die mit Rokoko Motiven bedruckten Korsetts und die markanten Perlenketten abermals in den Fokus des Mainstreams.

Vivienne Westwood – geboren als Vivienne Swire – erblickte am 8. April 1941 in einer kleinen Gemeinde unweit von Manchester das Licht der Welt. Das schon während der Kindheit bestehende Interesse an Mode und dem Nähen erster eigener Kleidung hatte zur Folge, dass Vivienne sich nach dem Schulabschluss an der Harrow Art School in London einschrieb. Sie belegte dort Kurse in den Fächern Mode, Kunst und Silberschmiedekunst. Aus finanzieller Sorge um ihre Zukunft in einem kreativen Karrierefeld entschied sie sich schweren Herzens dazu, nach nur einem Semester das Studium zu beenden. Als Kind einer klassischen Arbeiterfamilie sah sie es als ökonomisches Risiko an, eine ernsthafte Karriere in dieser Branche zu verfolgen. Stattdessen nahm sie eine zukunfts- und krisensichere Ausbildung zur Grundschullehrerin auf.

1962 heiratete sie Derek Westwood, dessen Nachnamen sie bis zuletzt beibehielt. Einige Jahre führte Westwood ein Leben, wie es damals von einer Frau wie ihr erwartet worden war. Eine Festanstellung als Grundschullehrerin, ein gemeinsamer Sohn und ein Heim in einer ruhigen Londoner Gegend. Doch das Eheglück hielt nicht lange an. Mitte der 60er-Jahre ließ sich das Paar scheiden. Nur kurze Zeit später lernte Westwood den Studenten und Punk-Fan Malcolm McLaren kennen.

Mit dem ebenfalls an Mode interessierten Malcolm eröffnete Vivienne im Jahre 1971 das Bekleidungsgeschäft Let it rock. Motiviert durch den Ehrgeiz ihres Partners, wagte sie nun den entscheidenden Schritt und erfüllte sich einen jahrelangen Traum. Vivienne Westwood kündigte ihre Anstellung als Grundschullehrerin zugunsten der nun beginnenden Modekarriere.

Die Boutique des Londoner Paares erlebte in den darauffolgenden Jahren einige Namens-  sowie Stilveränderungen. Mitte der 70er-Jahre nahm der Shop den provokativen Namen Sex an und verkaufte hauptsächlich Punk-Mode. Dies hatte zur Folge, dass der Laden allmählich zu einem regelmäßigen Treffpunkt für die in der Nachbarschaft lebenden Punks wurde.

Malcolm, der sich zunehmend für einen Einstieg als Manager in das Musikgeschäft begeisterte, rekrutierte einige der Stammkunden für eine Punkband. Eben diese Band ging später als die Sex Pistols in die Musikgeschichte ein. Westwood war für die Einkleidung der Bandmitglieder verantwortlich. Der internationale Erfolg der Pistols warf auch erstmals ein Scheinwerferlicht auf die dahinterstehende Modeschöpferin und machte sie über Nacht einem größeren Publikum bekannt.

Nach der Zeit des Punk und der Trennung von Malcolm McLaren gründete die Engländerin die eigene Marke Westwood. Auf einen konkreten Look festlegen konnte sie sich jedoch nie. So gab es die verschiedensten Kollektionen, von der Piratenkollektion bis hin zu der Portraitkollektion. Bekannt wurde das Modelabel zudem durch das regelmäßige Wiederbeleben historischer Stile. So wurden beispielsweise Elemente der viktorianischen Epoche aufgegriffen und durch Reinterpretation mit einem Look der Postmoderne kombiniert.

Der Name Vivienne Westwood ist mehr als nur eine Avantgarde der Punkfashion. Auch abseits des Wirkens als Künstlerin setzte sich Westwood für ihre Umwelt ein. Aktivismus – für Klimapolitik und Gleichberechtigung – lagen ihr stets am Herzen. Selbst den Laufsteg nahm sie als Chance wahr, politische Botschaften zu vermitteln.

Die Welt trauert um Westwood, die für viele ein Vorbild war und auch weiterhin sein wird. Sei es für ihre Stellung als Queen of Punk oder als Sinnbild für Selbstverwirklichung. So hätte sie sich einst mit dem sicheren Leben als Lehrerin zufrieden geben können. Jedoch hätte sie in diesem Szenario ihren Lebenstraum aufgeben müssen und die Welt wäre nicht im selben Ausmaß um eine solch innovative und gutherzige Persönlichkeit bereichert worden.

Ruhe in Frieden, Vivienne!

Wir werden dich vermissen!

von Anna Baldauf

Bildrechte: Manfred Werner/Tsui – CC by-sa 3.0, CC BY-SA 3.0 https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0, via Wikimedia Commons