Am 04. April freuten sich viele Studierende über ein Zusatzticket für nur 2,07 Euro. Der VGN ruderte zurück. Studierende fordern: Bezahlbarer ÖPNV, jetzt!
Inzwischen dürften alle die Geschichte gehört haben. Falls nicht, lest hier Emilias Erfahrungen zum Ticket-Fail.
Hunderte Studierende stehen stundelang an Ticketautomaten in Erlangen und Nürnberg für ein Semsterticket für 2,07€ an – und ich mittendrin. Ein stiller Protest gegen die aktuellen Ticketpreise des VGN?
Am 04. April, als ich gerade im Regionalexpress von Nürnberg nach Erlangen saß, ploppte plötzlich eine Nachricht auf meinem Handy auf: „An den DB-Automaten gibt’s grad das Semesterticket für 2,07€ statt 207€“, schrieb jemand in der WhatsApp-Gruppe einer Hochschulgruppe. Ich hielt es zunächst für einen schlechten Witz, denn nach kurzer Recherche sah ich, dass online noch die regulären Preise von 207€ für das Zusatzticket galten, mit dem Studierende der FAU für sechs Monate rund um die Uhr mit dem ÖPNV im gesamten VGN fahren können.
Doch kurze Zeit später schrieb es jemand auch in einer anderen WhatsApp-Gruppe. Und noch jemand. Ich wollte wissen, was dran sei, und ging nach Ankunft am Erlanger Bahnhof direkt zum Automaten am Hintereingang des Bahnhofs, wo ich mir erhoffte, vor meinem Heimweg schnell eins der zu 99% reduzierten Tickets kaufen zu können.
Doch dort standen bereits so viele Studierende mit dem gleichen Plan an, dass ich meinen Augen kaum traute. Die Schlange reichte vom Automaten über den Weg bis auf die Rampe hoch zum Bahnsteig. Und das gerade mal ein paar Minuten, nachdem ich von der frohen Botschaft erfahren hatte.
Ich sah am Automaten im Hauptgebäude nach, doch da war die Schlange noch länger und zog sich durch das Gebäude über den Vorplatz bis hin zur Bushaltestelle. Später soll sie sogar noch länger gewesen sein.
In den Schlangen von Studierenden vor den Automaten hörte ich immer wieder ein zweifeltes: „Das wird doch niemals für gültig erklärt werden“, und: „Funktioniert es denn noch? Wie lange brauchen die denn?“ Viele erwarben auch für ihre Kommiliton:innen ein Ticket, wodurch sich die Wartezeiten erheblich verlängerten.
Vorbeigehende Passant:innen hörte ich murmeln, was denn hier los sei, ob eine Demonstration stattfände? Studierende witzelten: „Ja, gegen die sonst zu hohen Ticketpreise!“
Was vermutlich ein Systemfehler seitens des VGN war, brachte die Streitfrage bezüglich der Ticketpreise wieder auf. Studierende an der FAU zahlen bereits 75€ Solidarbeitrag für das Basissemesterticket im Semesterbeitrag. Dieses gilt aber nur wochentags zwischen 19 und 6 Uhr – also nachts – und am Wochenende. Wenn man den ÖPNV rund um die Uhr nutzen möchte – beispielsweise für den Weg zur Universität oder in die Bibliothek – muss man dies extra zahlen. Das Zusatzticket des VGN deckt auch wochentags den ganzen Tag ab. Kostenpunkt: weitere 207€ für sechs Monate. Für viele Studierende zu viel.
Zum Glück ist Erlangen eine Fahrradstadt, wo man dank der kurzen Wege alles innerhalb von wenigen Minuten mit dem Fahrrad oder auch zu Fuß erreichen kann. Durch die Verteilung der Fakultäten der FAU jedoch müssen viele Studierende auch zwischen Erlangen und Nürnberg pendeln, und auch für Studierende, die in Nürnberg wohnen, wird es innerhalb Nürnbergs mit dem Fahrrad schwierig. Andere wohnen nicht in einer der beiden Städte, sondern außerhalb, viele können sich die Stadt nicht leisten.
Wie viele unter den Ticketpreisen leiden, wurde am 4. April klar, als hunderte Studierende stundenlange Wartezeiten in Kauf nahmen, um es sich leisten zu können, den ÖPNV rund um die Uhr zu nutzen – was in anderen Verkehrsbünden an anderen Universitäten im Semesterbeitrag inklusive und deutlich günstiger ist.
Am gleichen Abend wurde in WhatsApp-Gruppen diskutiert, warum die Preise für den VGN so hoch sind. Schlecht ausgehandelte Semestertickets seitens der FAU, mangelnde staatliche Subventionierung des VGN – was auch immer der Grund ist: die Tickets müssen fairer für Studierende werden. Wenn selbst das Jahresticket für Schüler:innen und Auszubildende für 365€ günstiger ist als das Zusatzticket für zwei Semester, muss sich etwas ändern.
Kommentar von Emilia Grasme
Und wie geht es jetzt weiter?
Nun, dass das Ganze zu schön war, um wahr zu sein (oder zu bleiben), war irgendwie klar, denn dem VGN wären laut einer Pressemittelung des Arbeitskreises Semesterticket 1,4 Millionen Euro Einnahmen verloren gegangen. Formal waren die Tickets jedenfalls nicht gültig, denn es gilt nur der veröffentlichte und genehmigte Tarif von 207 Euro, so eine Pressemitteilung des VGN. Bis zum 24. April konnten die Tickets übergangsweise noch genutzt werden und wem ein Bußgeld aufgrund des falschen Tickets verhängt wurde, bekommt dieses zurück, heißt es weiter. Das heißt seit spätestens vergangenem Sonntag müssen sich Studierende das Zusatzticket für die vollen 207 Euro dazugekauft haben.
Emilia hat es schon angesprochen: Es muss sich dringend was ändern, was die Preise für öffentlichen Nahverkehr für Studierende angeht. Darum kümmert sich der Arbeitskreis Semesterticket der Studierendenvertretung der FAU und anderer am Semesterticket beteiligter Universitäten, der oben schon einmal erwähnt wurde. Die Studierenden des AKs sind auch diejenigen, die den Kulanzzeitraum für die Studierenden und auch die Rückerstattung von Bußgeldern verhandelt haben. Seit einem Jahr engagiert sich die Gruppe für bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr und will eine Einbindung von Studierenden als preissensible Gruppe in das 365-Euro-Ticket erreichen, bestenfalls schon ab dem Wintersemester 2022/23. In München wurde beispielsweise schon ein Beschluss auf den Weg gebracht, der das 365-Euro-Ticket für Studierende ermöglichen wird. Im VGN gibt es ein solches Ticket bisher für Schüler:innen und Auszubildende.
Seit dem 25. April werden daher über einen Zeitraum von zwei Wochen Unterschriften von Studierenden vor den Mensen in Erlangen und Nürnberg gesammelt, um in den beiden Städten ein solches Ticket für Studierende zu beantragen. Wer den Hauptwohnsitz nicht in einer der beiden Städte hat, kann das Anliegen mit ihrer:seiner Unterschrift dennoch ideologisch unterstützen. Falls ihr also jemanden seht: setzt ein Zeichen und lasst eine Unterschrift da!
Euer V-Studimagazin