Man kann im Leben so viel planen, wie man will, es kommt doch immer anders – das hat auch Autorin Gesine festgestellt. Sie hat ihr Studium der Kommunikationswissenschaft aufgegeben, um lieber das zu studieren, was ihr wirklich liegt. Über das Aufgeben und Neuanfangen.

Es gibt einige Tage im Leben, welche wegweisend sind. Manche sagen Trennungen, bei manchen ist es der Abschluss der Schule/des Studiums, wiederum andere der Auszug von Daheim. Aber bei mir war es unter anderem ein Tag Mitte September. Ich hatte eineinhalb Semester Kommunikationswissenschaft (KoWi) hinter mir.

Hätte man mich in der 11. Klasse gefragt, wie mein Leben aussieht, hätte ich ihm einen Lebenslauf runtergebet, der bis zu meinem 30. Lebensjahr ging. Gap Year Australien, Studium in Leipzig, Volontariat, Job und dann auch Kinder. Aber die darauffolgenden Jahre haben mir gezeigt, dass man das Leben nicht planen kann.

Getrieben von den Unsicherheiten der Pandemie habe ich mir ein Studium gesucht, das mich zu meinem Ziel führen könnte, hab meine Sachen gepackt und bin nach Bamberg. Erstes mal auf eigenen Beinen stehen und alles allein regeln können. Endlich. Allerding habe ich dann den Faktor Pandemie aus meiner Wunschvorstellung herausgehalten.

So kam es dann also, dass ich viel Zeit mit mir allein verbracht habe und nachdenken konnte. Mein Studium war langweilig. Nur wenige haben Kommunikationswissenschaft mit großer Leidenschaft studiert. Das hat auch mich demotiviert, mal ganz davon abgesehen, dass ich keine Kommilitonen kannte.

Immer wieder kam mir der Gedanke, doch etwas anderes zu studieren. Biologie. Immer wieder geisterte der Gedanke durch meinen Kopf. Fasziniert, wie ein Stück RNA eine ganze Welt in Atem halten kann. Aber erst nach meinem KoWi Studium. Danach. Dennoch: in Gesprächen blühte ich auf, wenn es um die mikroskopische Welt ging.

Ich hatte für das Sommersemester noch drei Abgaben und zwei Klausuren, eine schon nicht mitgeschrieben und saß zusammengesunken an meinem Schreibtisch. Hilfesuchend habe ich meine Mutter angerufen. Fast drei Stunden habe ich mit ihr telefoniert. Über das Aufgeben, einen Neuanfang und Leidenschaft.

Ein Eingeständnis, dass Wege sich verändern. Pläne und Zukunft nur Variablen, aber keine Konstanten sind. Es ist schwierig, mit sich ehrlich zu sein und dann auch noch zu sagen: „Ich höre hier auf.“ Halb fertig.

Man kann doch nicht einfach aufhören? Ein Jahr vergeudete Zeit? Wohin jetzt? Was ist meine Zukunft?

Man kann und sollte mit Dingen aufhören, denn ansonsten steckt man seine eigene Lebenszeit in Dinge, die einen nicht erfüllen. Es ist auf keinen Fall vergeudete Zeit, denn man hat Erfahrung gesammelt. Ich hatte eine Idee, wie Studieren funktioniert, wie dieses Fach funktioniert und wie es ist, nicht mehr Daheim zu leben.  Auf Grundlage dessen konnte ich eine Entscheidung treffen.

Von allen Seiten wird man gedrängt nach dem Abitur mit 18 einen Weg einzuschlagen. Ohne Erfahrung außerhalb der Schule zu sammeln. Nach 12 Jahren Schule rausgeschmissen zu werden und einen Plan vom Leben zu haben. Wer hat das schon?

Natürlich finden manche dann schon ihre Traumausbildung oder ihr Traumstudium. Aber Fakt ist auch, das ein Drittel aller Studierenden ihr Studium abbrechen. Und das ist auch okay so. Denn lieber einmal ausprobieren und dann einen anderen Weg einschlagen, als irgendwas durchzuziehen, was einen nicht glücklich macht.

Ich dachte, mich macht KoWi glücklich. Ich dachte, das ist spannend und interessant, aber im Endeffekt habe ich gemerkt, dass mir andere Dinge mehr liegen.

von Gesine Rüger